Statistikgesetz: Vernehmlassungsantwort der SP Kanton Zug

1. Juli 2015

Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Damen und Herren
Sehr geehrter Herr Wülser

Wir danken dem Regierungsrat für die Einladung zur Stellungnahme betreffend dem Gesetzesvorhaben über die kantonale Statistik (Statistikgesetz) und möchten im Folgenden zu Gesetzesentwurf und dem entsprechenden Bericht des Regierungsrats einige kritische Erläuterungen anfügen.

Grundsätzlich begrüssen wir das Gesetzesvorhaben, weil wir das Führen einer kantonalen Statistik als Staatsaufgabe verstehen und es dazu einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Den Datenschutzaspekten wird unserer Meinung nach im Gesetzestext genügend Rechnung getragen (siehe z.B. Punkt 3, § 12, Bericht: Punkt 3f).

Der Entwurf des Statistikgesetzes regelt einige wichtige Aspekte, vernachlässigt aber andere, auf welche im Folgenden eingegangen wird. Dabei ist festzustellen, dass der Bericht zum Gesetzesentwurf weit besser ausgestaltet wurde als der zugehörige Gesetzesentwurf selbst: Im Bericht finden sich wichtige Aussagen, die im Gesetzesentwurf bedauerlicherweise keinen Niederschlag finden.

Aufgabe von Statistik: auch objektive Information zuhanden von Gesellschaft und Öffentlichkeit
Als Kritikpunkt möchten wir festhalten, dass sich betreffend der im Bericht genannten Motive für die Schaffung eines Statistikgesetzes Abweichungen hinsichtlich der Aufgabenbeschreibung ergeben; es scheint, dass das Gesetz primär die Grundlage für die Fachstelle für Statistik schafft, obgleich im gleichen Bericht als Motiv auch die Definition der kantonalen Statistik als Staatsaufgabe und politischer Auftrag genannt wird. Dabei gilt es nicht nur das Informationsbedürfnis des Staates im engeren Sinne abzudecken, sondern auch dasjenige der Gesamtgesellschaft bzw. der Öffentlichkeit. Dies kann als Basis für das Funktionieren einer Demokratie betrachtet werden, die objektiver Informationen bedarf und setzt insofern eine exakte Definition der Aufgaben und der organisatorischen Regelungen der kantonalen Statistik voraus. Im Bericht zum Gesetzesentwurf werden diese angesprochenen Punkte der kantonalen Statistik zwar relativ gut beschrieben (siehe Punkt 3a und 3d), im Gesetzesentwurf selbst jedoch fehlt eine solche Festlegung. Problematisch erachten wir auch die Aussage im Bericht, dass auch mit dem Statistikgesetz am Status Quo festgehalten werden solle.
Insofern wünschen wir, dass die Festlegung der spezifischen Ausrichtung und Aufgabe der kantonalen Statistik als Staats- und Gesellschaftsaufgabe soll analog der entsprechenden Aufgabe der kantonalen Fachstelle für Statistik im Statistikgesetz verankert werden soll.

Kontrolle, Koordination und Ausrichtung der kantonalen Statistik
Im Weiteren bleibt aufgrund des vorliegenden Gesetzesentwurfs fragwürdig, ob und wie die öffentlichen Organe welche statistische Erhebungen vornehmen, dem erwähnten Informationsbedürfnis von Gesellschaft und Öffentlichkeit Rechnung tragen. Sie sollen zwar gemäss Gesetz gewisse Prinzipien (z.B. Wissenschaftlichkeit, Öffentlichkeit der Daten) beachten, unterstehen jedoch keiner Kontrolle und sind somit auch nicht in die Pflicht zu nehmen, das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Information wahrzunehmen. Die Koordination der kantonalen Statistik wird im Gesetz nicht definiert. Der Bericht enthält diesbezüglich ebenfalls keine erhellenden Informationen: hier wird unter Koordinationsaufgaben lediglich die Erhebungstätigkeiten und die Erstellung von Gesamtdarstellungen verstanden (siehe Punkt 2, § 8). Eine auf diese Weise definierte Koordination der kantonalen Statistik scheint nicht dazu geeignet, die im Bericht – aber leider ungenügend im Gesetzesentwurf – u.a. unter Punkt 4 formulierten Ziele zu erreichen, wie etwa Statistik als „Staatsaufgabe“, „öffentliches Gut“, „effiziente und professionelle Zuger Statistik“, Aktualität und Repräsentativität der statistischen Informationen, Verbreitung statistischer Informationen bzw. die Sicherstellung des Zugangs zur statistischen Information. Zur Wahrnehmung der Öffentlichkeit von Statistik gehört auch dazu, dass der Kanton eine eigentliche Statistikpolitik formuliert. Dazu ein wichtiges Instrument ist die Ausarbeitung und Aktualisierung eines statistischen Mehrjahresprogramms, womit auch einen Diskussion über die zu realisierenden Statistikvorhaben sowie über die bereitzustellenden Mittel in Gang gesetzt werden können – das ist gerade auch im Kontext des Entlastungspaketes und zudem für involvierte Beteiligte (auch Gemeinden) zentral.
Insofern sind Ausführungen betreffend Kontrollinstanzen und –prozesse, konkrete Koordinationsaufgaben und ein entsprechendes Mehrjahresprogramm der kantonalen Statistik in den Gesetzesentwurf einzuarbeiten.

Fehlende Grundlage für die Anordnung von statistischen Erhebungen
Im jetzigen Gesetzesentwurf fehlt eine gesetzliche Regelung bezüglich der Anordnung von statistischen Erhebungen. Dies ist insbesondere relevant bei Direkterhebungen. Dazu braucht es korrekterweise die Genehmigung des Regierungsrats. Im vorliegenden Entwurf bedarf es dieser einzig im Falle einer Verknüpfung von Personendaten aus verschiedenen Quellen. Gerade bei Direkterhebungen werden jedoch Pflichten und Rechte der Befragten und involvierten Stellen tangiert, womit unserer Meinung nach eine Autorisierung von Regierungsseite vorliegen müsste. Eine gesetzliche Regelung zur Anordnung von Erhebungen ist demnach im Gesetz zu verankern.
Darüber hinaus fehlt im Gesetzesentwurf ein Passus über die Pflichten der Befragten (unter anderem Auskunftspflicht), wir verweisen dazu etwa auf den §15 im Luzerner Statistikgesetz gemäss Beilage.

Fachliche, organisatorische und politische Unabhängigkeit der Fachstelle für Statistik nicht gegeben
Die Fachstelle für Statistik verfügt gemäss Gesetzesentwurf nicht über eine gesetzlich verankerte fachliche Unabhängigkeit. Ebenso wenig sind die notwendigen Anordnungskompetenzen zur Durchsetzung der verankerten Prinzipien der öffentlichen Statistik nicht gegeben. Desweiteren besteht keine organisatorische Selbstständigkeit, denn die Fachstelle ist gar dem Amt für Raumplanung angegliedert. Diese genannten Punkte hängen denn auch zusammen, denn fachliche Unabhängigkeit setzt eine organisatorische Selbstständigkeit voraus, d.h. die Stelle müsste – auch gemäss dem Kodex für die europäische Statistik – möglichst hoch in der Hierarchie angesiedelt sein, d.h., idealerweise direkt dem Regierungsrat unterstellt sein. Ebenso müsste die Fachstelle für Statistik weitgehend frei von politischen Einflüssen ihre statistischen Tätigkeiten ausüben dürfen. Hier wird allerdings im Bericht vorausgesetzt, dass die zu veröffentlichenden statistischen Informationen „in Absprache mit den anderen öffentlichen kantonalen Organen“ festzulegen sind (siehe Punkt 4, § 11). Dies werten wir als Verstoss gegen die fachliche Unabhängigkeit und das Prinzip der Unparteilichkeit! Während eine Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen kantonalen Organen unerlässlich ist, ist es ebenso zentral, dass die Fachstelle für Statistik in der Veröffentlichung unabhängig und frei von politischen Vorgaben zu sein hat. Der Gesetzesentwurf soll mit einem entsprechenden Passus über die politische Unabhängigkeit ergänzt werden. Die organisatorische und fachliche Angliederung und Ausgestaltung der Kompetenzen der Fachstelle für Statistik müsste hierfür überdacht werden.

Finanzielle Mittel für die kantonale Statistik
Es scheint unmöglich, dass die Fachstelle für Statistik die im Gesetzesentwurf und Bericht aufgeführten Aufgaben und Anforderungen mit 1.5 Stellenprozenten und ohne zusätzliche finanzielle Mittel erfüllen kann. Ein Statistikgesetz ohne entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen und ohne eine gewisse Zentralisierung der statistischen Funktionen und Kompetenzen scheint lediglich ein Feigenblatt ohne substantielle Wirkung darzustellen. Entsprechende finanzielle Mittel müssen zur Verfügung gestellt werden.

Vernetzung und Zusammenarbeit mit regionalen Statistikstellen
Zudem ist eine professionelle kantonale Statistikführung auch auf Zusammenarbeit mit anderen Statistikstellen angewiesen. So zum Beispiel mit der Lustat Luzern, wo schon heute im Auftrag der Zentralschweizer Kantone Bundeserhebungen durchgeführt werden, wie etwa die Krankenhausstatistik, die medizinische Statistik der Krankenhäuser, die Statistik der sozialmedizinischen Institutionen und die Sozialhilfestatistik. Um zukünftige Entwicklungen zu ermöglichen, soll im Statistikgesetz verankert werden, dass sich der Kanton Zug an einer regionalen Statistikstelle beteiligen kann und der Regierungsrat einem Konkordat über die Führung einer regionalen Statistikstelle beitreten könnte. Eine Vernetzung und Zusammenarbeitskompetenzen sollten im Gesetz ebenfalls festgehalten werden.

Wir bedanken uns für die Prüfung und Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüsse

Barbara Gysel                                    Armin Jan
Präsidentin, Kantonsrätin                  ehem. Nationalrat