Polizeigesetz, Gewaltprävention. Vernehmlassungsantwort der SP Kanton Zug

6. Januar 2017

Änderung des Polizeigesetzes (BGS 512.1); Verstärkung der Gewaltprävention

Vernehmlassungsantwort der SP Kanton Zug

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Villiger
Sehr geehrte Damen und Herren

Wir danken Ihnen für die Möglichkeit zur Vernehmlassung zur Vorlage und nehmen dazu innert der vorgegebenen Frist wie folgt Stellung.

 

Grundsätzliches:
Die Gesetzesvorlage fokussiert zwar auf «Massnahmen zur Verbesserung der Gewaltprävention». Der Regierungsrat fasst wie folgt zusammen:
«Im Zusammenhang mit drohender schwerer und zielgerichteter Gewalt hat die Präventionsarbeit in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Mit der vorgeschlagenen Änderung des Polizeigesetzes soll der Informationsaustausch erleichtert und die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Behörden und Drittparteien vereinfacht und gestärkt werden. Ziel ist es, Gewaltdelikten vorzubeugen.»[1]

Leider trügt der Schein. Anstatt eine Handhabe für ein umfassendes Bedrohungsmanagement zu schaffen, stehen direkt und indirekt ausschliesslich Personen mit erhöhtem Gewaltpotenzial z.B. gegenüber Behörden im Vordergrund. Das ist grundsätzlich positiv, aber viel zu wenig. Die SP Kanton Zug bedauert es allerdings, dass die Regierung auf ein umfassendes Bedrohungsmanagement gegen Gewalt, insbesondere häusliche Gewalt, verzichtet. Wir beantragen erstens wenigstens die Prüfung eines Pilotversuches für Gewaltprävention im Sinne eines umfassenden Bedrohungsmanagements. Zweitens beantragen wir, dass der Regierungsrat vorlegt, welche Massnahmen der Gewaltprävention insbesondere im häuslichen Bereich auch ohne erhebliche Kostenfolgen umgesetzt werden können.

 

Begründung:
In Zug beschäftigt sich die Polizei täglich mit häuslicher Gewalt. Nebst dem persönlichen Leid der Betroffenen hat Gewalt im familiären Raum auch erhebliche gesellschaftliche Folgen und zudem hohe Kosten für die Betroffenen aber auch für die gesamte Gesellschaft.
Der Bund hält fest: Häusliche Gewalt ist in der Schweiz ein verbreitetes soziales Problem. Die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt haben laut der vom Bundesamt für Statistik BFS herausgegebenen Polizeilichen Kriminalstatistik PKS im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 2015 markant zugenommen und haben einen neuen Höchststand von 17‘297 Straftaten erreicht. Die Zahl der tatsächlichen Vorfälle ist um einiges höher, wird doch geschätzt, dass lediglich 20% aller Vorkommnisse der Polizei bekannt werden und zur Anzeige gelangen.[2]

Aufhorchen lässt auch folgende Expertenaussage: «Statistisch gesehen wird jede zweite gewaltausübende Person erneut im häuslichen Bereich gewalttätig (Walker, Bowen & Brown, 2013). Es erscheint daher sinnvoll, dass in aller Regel zumindest eine niederschwellige risikoorientierte Intervention in einem beratenden Setting erfolgt.»[3] Dabei kann mitbedacht werden, dass die Zahl der von häuslicher Gewalt mitbetroffenen Kindern in der Schweiz auf 27‘000 geschätzt wird.[4] Gerade die Folgen auf die Kinder können ein Leben lang nachwirken, weshalb sich frühe Interventionen und Prävention lohnen. Der Zuger Kriminalstatistik 2015 zufolge musste sich die Polizei im Berichtsjahr 361 Mal mit häuslicher Gewalt beschäftigen[5]: also täglich!

Angesichts dieser Tatsachen stellt sich die Frage, wie Täterinnen und Täter wirksamer zur Verantwortung gezogen werden können. Der Staat ist im Sinne der «due-diligence» in der Verantwortung, zu handeln. Nicht nur wird damit menschliches Leid gemindert, auch wird Recht durchgesetzt – und last but not least können auch Folgekosten der öffentlichen Hand eingespart werden.

Für weitere Informationen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung und danken der Regierung nochmals für die Möglichkeit zur Vernehmlassung.

Freundliche Grüsse

Barbara Gysel                                                           Hubert Schuler
Präsidentin, Kantonsrätin                                      Kantonsrat

 

[1] Bericht und Antrag des Regierungsrates, Ergebnis 1. Lesung, S. 1.

[2] Siehe www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/das-ebg/organisation/schwerpunktthemen.html

[3] Referat Daniel Treuthart, 22.11.2016, siehe www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/das-ebg/veranstaltungen/download-tagungs-unterlagen/congres-national-2016-auteures-de-violence-domestique.html

[4] Studie „Kosten von Gewalt in Paarbeziehungen“ (EBG 2013)“, S. 80. Für Zug sind uns keine spezifischen Zahlen bekannt.

[5] Siehe www.zg.ch/behoerden/sicherheitsdirektion/zuger-polizei/dienstleistungen/statistiken/dokumente-polizeistatistiken/downloads/Broschuere_KRISTA_low.pdf (S. 15).