Jahresrückblick von Barbara Gysel, Präsidentin der SP Kanton Zug
Dass Zug ein dynamischer Wirtschaftsstandort ist, bestreitet niemand. Über die möglichen Schattenseiten wurde aber auch 2013 kontrovers diskutiert. Zug, wo vieles möglich ist und noch mehr möglich sein sollte
Auf die Frage, ob es Personen gebe, denen er gerne einmal begegnen möchte, antwortete Bruno Bollinger, der ehemalige Gewerkschaftsbund-Präsident: «Andreas Brunner, der FDP-Nationalrat und Finanzdirektor der Landis+Gyr war. Er lud mich 1975 nach den Wahlen, bei denen er nicht gewählt wurde, zu einem Gespräch ein – im Sinne einer Sozialpartnerschaft. Ich schlug das Gesprächsangebot aus, weil ich fand, mit Arbeitgebenden spreche ich nicht. Im Nachhinein gesehen war das ein Fehler. Denn mit Arbeitgebenden muss man verhandeln, wenn man etwas erreichen will.»
100 Jahre SP Zug
Das Zitat zeigt auf, dass Rückblicke auch dazu da sind, aus der Vergangenheit lernen. Zudem verdeutlicht es, dass soziale Demokratie heisst, auch mit Andersdenkenden zu sprechen. Nebst Fachbeiträgen etwa von Reiner Eichenberger, Regula Stämpfli, Hans Ulrich Jost oder auch Christian Raschle haben wir aus Anlass von 100 Jahre Zug mit Zugern aus verschiedenen Parteien, Organisationen und Lebensbereichen das Gespräch gesucht – nachzulesen in der Publikation «Da liegt Zug drin». So hörten wir, dass es keine globalisiertere Kleinstadt als Zug gebe, was zu befruchtenden Kontakten mit anderen Kulturen führe. Gerade die Zugezogenen seien es, die dem Kanton seine charakteristische Offenheit verleihen würden. Aktuell strömen viele hoch qualifizierte Fachpersonen in den Kanton. Die Rezepte zur Beibehaltung und Förderung eines guten sozialen Mixes sind noch nicht konsensfähig. Die Ablehnung des kantonalen Integrationsgesetzes durch die Stimmbevölkerung im Herbst 2013 wird die brennenden Fragen um Integration und Zusammenleben im Kanton Zug nicht vereinfachen. Rund um Migration und Integration konnten Zuger auch mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga diskutieren, die im letzten Oktober aus Anlass des SP-Jubiläums ins Casino kam.
Licht und Schatten
Dass Zug ein dynamischer Wirtschaftsstandort ist, bestreitet niemand. Über die möglichen Schattenseiten wurde aber auch 2013 kontrovers diskutiert. Die einen denunzieren einen ihrer Meinung nach allzu ungehemmten Kapitalismus und Konsumismus. Andere nehmen mit Sorge wahr, dass Zug die Stadt mit den grössten und teuersten Autos ist. Gleichzeitig fehlt auch der Hinweis nicht, dass im wohlhabenden Kanton Zug eben auch vieles möglich sei. Kaum eine andere Stadt dieser Grösse könnte über die Realisierung eines Stadttunnels für eine Milliarde Franken diskutieren. Zweifellos könnte man mit dem vorhandenen Geld auch anderes bewerkstelligen: Viele bemängeln, dass Zug kulturell eine «arme» Stadt sei. Man müsse sich hier mehr Kultur, Bildung und auch nicht «direkt Nützliches» leisten.
Teufelskreis
Weitgehende Einigkeit besteht, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht. Dass Normalverdienende aus dem Kanton gedrängt werden, empört. Es begünstigt auch soziale Umschichtungen. Ein Teufelskreis? Nachdenklich stimmt auch die Zuger Verwicklung auf dem Rohstoffsektor und dessen zwiespältiger Umwelt- und Menschenrechtsbilanz. Soziale Gerechtigkeit, ein sorgfältiger Umgang mit natürlichen Ressourcen, nachhaltige Lebensqualität, Gleichberechtigung und Integration – das alles ist und bleibt im Kanton Zug wichtig. Umso notwendiger sind Zugkräfte, die sich auch weiterhin für soziale Demokratie einsetzen. Ich danke allen herzlich für die Mitwirkung im politischen Alltag. Allen schöne Feiertage!
Überarbeiteter Auszug aus dem Nachwort von «Da liegt Zug drin – Soziale und demokratische Spurensuche im Kanton Zug», zu beziehen im Buchhandel, im doku-zug.ch oder unter www.sp-zug.ch (Fr. 5.- für Wenigverdienende und Studierende, Fr. 20.- für alle anderen