Walchwil. Samstagmorgen. Aula. Pünktlich um 10 Uhr konnte Guido Suter, Präsident der SP Walchwil, 18 Teilnehmende und den Referenten Dr. Roman Rossfeld begrüssen. Der Gast von der Uni Bern forscht seit Jahren zum Themenbereich Wirtschaftswachstum und Wachstumskritik.
Ausgehend von der sich stark unterscheidenden Bedeutung von Wachstum in Wirtschaft/Politik (unbegrenzt) und in der Biologie (begrenzt), entwickelt er mittels eindrücklicher Grafiken und Zitate bekannter Persönlichkeiten aus verschiedenen Zeiten, eine kurze Geschichte der Begrifflichkeiten. Ökonomisches Wachstum wird getrieben von der Idee der Kapitalbildung (Aktiengesellschaften) auf bürgerlicher Seite aber auch von Projekten der Sozialpolitik (AHV, Pensionskassen) und den Anliegen für soziale Gerechtigkeit (Löhne) der Linken. Hinzu kam, dass seit den 1950er-Jahren ungeheure Mengen günstigen Erdöls das Wachstum speisten. Die Anerkennung von Wettbewerb als wichtige gesellschaftliche Leitidee mündet in eine Vorstellung unbegrenzten Wachstums. Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass bei uns die Gewinnverteilung noch einigermassen zivilisiert abläuft: Alle erhalten mehr, allerdings unterschiedlich viel.
Die Wachstumskritik setzt bei der Erkenntnis an, dass sehr viele Ressourcen und vor allem auch die Erde endlich sind. Der rasche und zum Teil ineffiziente Einsatz von Ressourcen ist sowohl ein ökonomisches als auch ein ökologisches Problem. Aber auch Wohlstandsentwicklung muss kritisch ins Visier genommen werden.
Sieht der Referent Lösungen für die Problematik? Der Ausblick ist nicht besonders optimistisch, denn die fundamentale Kritik am Konzept Wachstum kann auch durch Fortschritt und Nachhaltigkeit nicht aus der Welt geschafft werden. Global ist kein Zustand in Sicht, in welchem Wachstum mit tatsächlich abnehmenden Ressourcen erzeugt werden kann. Das ist nur mit einer Verminderung von Produktion und Konsum zu schaffen. Für Roman Rossfeld sind die sogenannten «mentalen Infrastrukturen» entscheidend: Wir müssen Abschied nehmen vom permanenten Wettbewerb, oder zumindest dessen Zielrichtung ändern, das ermöglicht Neudefinitionen von Glück und Lebensqualität z. B. in Form von Zeitwohlstand, von sozialer Gerechtigkeit und von demokratischen Strukturen.
Die abschliessende Diskussion mündet mehrfach im Appell, dass wir alle das Menschenmögliche tun sollen, auch angesichts der globalen Dimension der Problematik. Und an die organisierende Partei gerichtet, dass vermehrt über die Entkoppelung von Wachstum und einem «guten Leben für alle» nachgedacht wird.
Guido Suter