Steuerpaket mit Nebenwirkungen

von Christian Hegglin, 4. Februar 2023

Fragen Sie Personen aus anderen Kantonen, was Ihnen in den Sinn kommt, wenn sie «Zug» hören. Ich vermute «Steuerparadies» wird leider eine der ersten Antworten sein. Mich stimmt das nachdenklich. Zug hätte definitiv mehr zu bieten.

Es steht wieder einmal eine Revision des Steuergesetzes an. Auf «Zugerisch» übersetzt heisst das – einmal mehr – eine massive Steuersenkung. Die Regierung schlägt ein Paket von fast 140 Millionen Franken vor, das jene entlastet, die heute im nationalen Vergleich schon wenig bezahlen. Das entspricht über einer Milliarde Franken in den nächsten 8 Jahren.

Bei Unternehmenssteuern, Einkommenssteuern und Vermögenssteuer ist der Kanton Zug bereits heute in den Topplatzierungen oder gar auf dem Spitzenplatz der Tiefsteuerkantone. Es gibt schlicht keinen Handlungsbedarf. Niemand leidet in Zug unter der Steuerlast, aber viele unter den Nebenwirkungen. Es gibt auch zufriedene Menschen und erfolgreiche KMU in Kantonen, in denen die Steuern etwas höher sind. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich die Zufriedenheit der Zuger Bürgerlichen hauptsächlich an der Steuerbelastung misst.

Steuersenkungen bedeuten, dass Sie umso mehr davon profitieren, je mehr Sie verdienen oder je mehr Sie besitzen. Die gleiche Rechnung gilt auch für in anderen Kantonen Wohnhafte. Zug wird noch attraktiver. Was auf den ersten Blick schmeichelt, heisst aber auch zunehmende Konkurrenz um Wohnraum. Und mit der tiefsten Leerstandsquote und den bereits heute sehr hohen Mieten gibt es auch eine Kehrseite der Medaille.

Der mögliche Verlust des aktuellen Wohnraumes treibt vielen Mieterinnen und Mietern den Schweiss auf die Stirn. Und dies, aufgrund der zahlreichen renditeoptimierenden Totalsanierungen, nicht ganz ohne Grund. Auf den einschlägigen Immobilienportalen schlagen uns Preise entgegen, die für die allermeisten schlicht nicht bezahlbar sind. Dieses Problem trifft längst nicht mehr ausschliesslich einkommensschwache Haushalte, die nur mit persönlichen Beziehungen überhaupt eine zahlbare Wohnung finden, sondern reicht bis weit in den Mittelstand. Wohnraum wird nach und nach für eine wachsende Schicht der Bevölkerung je länger, je unbezahlbarer.

Stellen Sie sich vor, wie viel bezahlbarer Wohnraum mit 140 Millionen pro Jahr gefördert werden könnte. Oder einem Teil davon. Passieren wird das nicht. Lippenbekenntnisse zu günstigem Wohnraum gibt es häufig und publikumswirksam von allen Parteien; es passiert aber nicht viel. Tempo und Intensität, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sind ungenügend. Schnelle und griffige Massnahmen sind gefragt. Der Kanton und die Gemeinden müssen attraktive Angebote schaffen oder wenigstens Bauland zu vorteilhaften Preisen allen abgeben, die Kostenmieten und nicht Renditemieten anstreben. Die Mehrwert-Initiative für bezahlbaren Wohnraum wird nächsten Monat eingereicht und beschleunigt hoffentlich diesen schleppenden Prozess etwas.

Die OECD verhindert in Zukunft bei den grossen Konzernen internationales Steuerdumping. Wir werden im Sommer über die Umsetzung abstimmen. Der Kanton Zug macht aber munter weiter. Diesmal einfach bei den natürlichen Personen. In dieser Zeitung war in Zusammenhang mit der OECD-Steuerreform sogar die Rede von, man höre, “Zuger Standortnachteilen” wie hohen Löhnen, Lebenshaltungskosten und Bodenpreisen. Das, liebe Bürgerliche, ist hausgemacht und in eurem Garten und auf eurem Mist gewachsen. Und das verbessert sich garantiert nicht mit weiteren Steuersenkungen.

Wir übertreiben es langsam. Das langsam können wir eigentlich streichen.

Christian Hegglin, SP Kantonsrat

Zuger Zeitung, Zuger Ansichten, 4. Februar 2023

Christian Hegglin

Christian Hegglin