Die vom Kantonsrat beschlossene Mehrwertabgabe ist ein Minimum und kein «Überobligatorium»

19. September 2018

Der Kantonsrat hat in erster Lesung eine Revision des Bau- und Planungsgesetzes verabschiedet. Es ging dabei die Mehrwertabgabe, also um eine Entschädigung, die der Grundeigentümer oder Investor dem Staat abzuliefern hat, wenn sein Grundstück durch Planungsmassnahmen einen Mehrwert erhalten hat.

Der Wert einer Liegenschaft steigt, wenn der Grundeigentümer ein Haus baut oder ein bestehendes Gebäude erneuert; hier entsteht ein Mehrwert dank den Investitionen in Geld oder Arbeit. Wird jedoch ein Grundstück aus der Landwirtschaftszone (Nichtbauzone) einer Wohn- oder Gewerbezone (Bauzone) zugewiesen, erhöht sich der Wert – ohne Investition oder Mitwirken des Grundeigentümers – um ein Vielfaches; für Landwirtschaftsland wird rund 10 bis 20 Franken bezahlt, für Bauland kennt der Preis nach oben keine Grenzen. Dass von dieser durch die staatliche Planung eingeleitete, automatische Wertsteigerung ein kleiner Anteil dem Staat gehören soll, wird im Raumplanung konkret vorgegeben und ist nicht bestritten. Millionär kann aber auch werden, wer ein Einfamilienhaus besitzt und im Rahmen der Verdichtung dreigeschossig bauen darf (Aufzonung). Auch die Erhöhung der Ausnützungs- oder die Lockerung einer anderen Baubeschränkung steigert Marktwert des Grundstücks. Über diese beiden Fällen hat der Kantonsrat debattiert und letztlich minimale Abschöpfungen des planerischen Mehrwertes beschlossen. Der Regierungsrat verteidigte die Vorlage vehement mit dem Hinweis, es sei ein notwendiger Kompromiss, denn diese Abgabe ergebe sich nicht aus dem zwingenden Bundesrecht, sie befinde sich vielmehr im «überobligatorischen» Bereich.

Es wurde suggeriert, dass eine Mehrwertabgabe bei einer Aufzonung auf freiwilliger Basis erfolge, also auf einem Entgegenkommen des Staates, auf freier politischer Einschätzung beruhe. Dies ist aber keineswegs der Fall. Die Kantone sind ganz grundsätzlich verpflichtet, «einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile, die durch Planungen nach RPG entstehen» einzuführen. Diese Pflicht gilt nicht nur bei der Einzonung, sondern auch bei Aufzonungen und weiteren Massnahmen, sobald sie eine erhebliche Wertsteigerung mit sich bringen. Diese Pflicht ist in Art. 5 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes seit 1980 verankert. Sie ist kein «Überobligatorium», sondern ein zu lange vergessenes Obligatorium. Sie wurde in Zug -wie auch in anderen Kantonen – nur deshalb nicht eingeführt, weil das Bundesrecht keine Sanktionen vorsah. Es waren Drohungen des Bundes nötig, um einen gerechten Umgang mit den planerischen Mehrwert, der letztlich ja einem Loteriegewinn gleichkommt, zu regeln.

Basel-Stadt kennt den Mehrwertausgleich bei Einzonungen und Aufzonungen schon lange, ohne dass dies der wirtschaftlichen Entwicklung geschadet hätte.

Meinrad Huser, Kantonsratskandidat SP, Zug