Zuger Woche vom 11. November 2020
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie ihr Alltag aussieht, wenn Sie ihn nicht mehr selbständig bewältigen können? Vielleicht wegen eines Unfalls, einer Krankheit oder einfach nur wegen des gewöhnlichen Alterungsprozesses. Auf jeden Fall brauchen Sie dann Unterstützung. Entweder von Menschen aus Ihrem persönlichen Umfeld oder Menschen aus dem Pflegeberuf.
Zahlreiche solcher Pflegenden – praktisch nur Frauen – machten vor der letzten Kantonsratssitzung auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam. Ihren Hilferuf hatten diese Spitex-Mitarbeitenden bereits am 14. Juni 2019 schriftlich eingereicht. Die darin formulierten 15 Forderungen reichen von einer «angemessenen Entschädigung» bis hin zu «genügend Zeit für Patienten». Seither hat sich einiges verändert. Leider nicht zum Guten. Die Corona-Krise hat den Pflegekräften viel abgefordert, nicht nur in der spitalexternen Pflege.
Schon zuvor litten die allermeisten unter den schwierigen Arbeitsbedingungen, doch jetzt sind viele am Limit. Ein Blick in die Zukunft sieht noch düsterer aus. Die OBSAN-Studie zeigt nämlich klar auf, dass die Bevölkerung 65+ (+91.3%) und die Zahl der Pflegebedürftigen (+85.8%) bis ins Jahr 2040 deutlich zunehmen und mehr Strukturen und Pflegepersonal erfordern. Bereits in zehn Jahren braucht es schweizweit über 100’000 Pflegende – insbesondere in Pflegeheimen und SPITEX-Organisationen.
Der Hilferuf des Pflegepersonals, die demografische Entwicklung und der enorme Personalbedarf muss die Zuger Politik wachrütteln. Jene im Zuger Parlament, die per Knopfdruck die Petition mit 40:30 Stimmen bodigten und ebenso den Gesundheitsdirektor, der zur Petition kein Wort sagte.
Um möglichst viele Menschen für diese Berufe zu gewinnen und im Berufsstand zu halten, hilft weder Klatschen noch ein Corona-Bonus. Es braucht dauerhaft bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung. Deshalb hat die SP-Fraktion den Regierungsrat mit einem Vorstoss dazu eingeladen, im Rahmen eines Pflegeprojektes mit allen Beteiligten zusammenzusitzen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Zari Dzaferi
Gemeinde- und Kantonsrat, Baar