Unterstützungsgelder aus Lotterie- und Sport-Toto-Fonds – Interpellation der SP Fraktion

27. April 2013

Die Deutschschweizer Landeslotterie Swisslos zahlt jährlich über 600 Millionen Franken an glückliche Lottogewinner aus.[1]Das sind aber nur 54 Prozent des Umsatzes von Swisslos.  Lottospielende, die leer ausgegangen sind, können sich zumindest damit trösten,  dass ihr verspieltes Geld einer guten Sache dient. Schliesslich schreibt die  Lotterievereinbarung der Kantone vor, dass der Swisslos-Reingewinn „für die Unterstützung gemeinnütziger und wohltätiger Projekte“ verwendet werden muss.[2] Mehr als 350 Millionen Franken fliessen jährlich in die kantonalen Lotterie- und Sport-Toto-Fonds (Swisslos-Fonds).

Doch gerade an der Verteilung der Gelder scheitern viele Kantone, wie ein Artikel der Zeitschrift Saldo aufgezeigt hat So betrug der Vermögensbestand aller kantonalen Swisslos-Fonds Ende 2011 unglaubliche 843 Millionen Franken.[3] Statt das Geld für gemeinnützige Organisationen, den Breitensport oder Kulturprojekte auszugeben, bunkern die Kantone hohe Summen. Zu den Spitzenreitern im Horten von Swisslos-Geldern gehört auch der Kanton Zug: Im Jahr 2011 waren dessen Reserven 2,5 Mal so hoch wie die Jahreseinnahmen.

Der Bund schreibt zwar vor, dass die Swisslos-Gewinne für gemeinnützige und wohltätige Projekte einzusetzen sind. Was unterstützungswürdig ist, regelt jedoch jeder Kanton selber. Die Zuger Sport-Toto-Verordnung benennt klar die „Förderung des Breitensports“ als Zweck der Vergabe von Swisslos-Geldern.[4] Dennoch ist den Infos des Zuger Regierungsrates vom 3. April 2013 zu entnehmen, dass der Sport-Toto-Fonds mit 50’000 Franken die Tennisveranstaltung „Stars on court“ – ein Tennisshowmatch zwischen Steffi Graf und André Agassi. Dabei scheint es sich eher um einen gewinnorientierten Anlass einer privaten Veranstaltungsfirma zu handeln, die dafür erst noch horrende Eintrittspreise von 108 bis zu 450 Franken verlangt. Was das mit der Unterstützung gemeinnütziger Projekte, wohltätiger Anliegen oder Breitensport zu tun hat, bleibt uns schleierhaft. Besonders unsensibel scheint uns dabei zudem der Umstand, dass der Manager und Vater von Steffi Graf wegen Steuerhinterziehung zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurde.[5] Ironie der Sache ist, dass sich solche Berühmtheiten offenbar nicht ums Gemeinwohl kümmern, aber durch öffentliche Gelder eine Mitfinanzierung wünschen.

Wie eine repräsentative Studie des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Beckert und Dr. Mark Lutter aus Köln zeigt, sind es vor allem wenig privilegierte Menschen, die für ihren Traum von etwas mehr Wohlstand ins Portemonnaie greifen, um Lottoscheine auszufüllen oder Lotterielose zu kaufen.[6] Die Forschung stellt fest, dass eine Umverteilung von unten nach oben erfolgt. Haushalte mit Einkommen unter dem Durchschnitt speisen mit ihrem hart verdienten Geld den Swisslos-Fonds. Um hier wieder ein Minimum an sozialer Gerechtigkeit herzustellen, müssten die Mittel aus diesem Fonds vorwiegend für Projekte für sozioökonomisch wenigprivilegierte Personen eingesetzt werden. Aber sicher nicht für pompöse Tennisveranstaltungen mit überrissenen Eintrittspreisen.

Die SP-Fraktion erkundigte sich in ihrer Interpellation vom 26. Januar 2009 (Vorlage
Nr. 1776.1 – 12989) bereits nach der Vergabepolitik von Lotteriefonds-Geldern. Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Durchführung eines Anlasses wie „Stars on court“, sondern haben Bedenken zu deren Finanzierung und wünschen von der Regierung daher nähere Informationen zu Unterstützungsgeldern aus dem Lotterie- und Sport-Toto-Fonds:

1)     Welche Beiträge und zu welchem Zweck wurden in der Vergangenheit aus dem Sport-Toto-Fonds und aus dem Lotteriefonds gesprochen?

2)     Hohe Reserven an Swisslos-Geldern zurückzulegen ist unnötig und widerspricht dem Zweck der Gelder. Wenn der Kanton Zug die für Kultur-, Sozial- und Sportförderung bestimmten Gelder der Bevölkerung vorenthält, handelt er nicht in deren Interesse. Wie begründet die Regierung dieses Vorgehen?

3)     Die Eidgenössische Lotterie- und Wettkommission Comlot plant laut deren Geschäftsführer Manuel Richard, bei den von Geld-Anhäufungen betroffenen Kantonen vorstellig zu werden und Empfehlungen für den Reservenabbau auszusprechen.[7] Ist ein Kontakt zwischen Comlot und der Zuger Regierung bereits zustande gekommen? Welche Massnahmen sollen ergriffen werden, um die Reserven sinnvoll abzubauen? Ist dementsprechend eine Praxisänderung bei der Vergabe von Swisslos-Geldern im Kanton Zug in Sicht?

4)     Die Kantone St. Gallen und Schaffhausen zeigen, dass es auch anders geht. In ihren Fonds liegen nur 50 bis 60 Prozent der letztjährigen Swisslos-Auszahlungen.[8] Was hier an gemeinnützigen Geldern vorhanden ist, wird auch wirklich vergeben. Ist eine solche Vergabepolitik nicht auch im Kanton Zug sinnvoll?

5)     „Stars on Court“ scheint ein privater, gewinnorientierter Anlass zu sein und kann aufgrund der hohen Eintrittspreise in keiner Weise für die breite Bevölkerung gedacht sein. Wie konnte es passieren, dass diese Veranstaltung mit 50’000 Franken aus dem Sport-Toto-Fonds unterstützt wird? Was sind die Kriterien aufgrund derer der Sport-Toto-Fonds des Kantons Zug seine Gelder für diesen Anlass vergeben konnte?

6)     Wie kann die Vergabepolitik von Swisslos-Geldern im Kanton Zug verändert werden, damit sie auch tatsächlich sozioökonomisch weniger privilegierten Personen zugute kommen, denen sie zustehen würden?

7)     Im Generellen werden für Reiche und Vermögende leider jeweils mittels Tiefsteuerpolitik viele Anreize geschaffen. Dabei gehen immense Mittel der öffentlichen Hand verloren (man denke nur an die mehrfache Senkung der Gewinnsteuern). Es sind hingegen wie erwähnt mehrheitlich Nicht-Reiche, die Lotto spielen und die Chance, im Swisslotto den Hauptgewinn zu erzielen, liegt gerade mal bei 1.8 Millionen. Es wäre also das Mindeste, wenigstens diese Einnahmen von „unten nach unten“ verteilt werden. (Eine theoretische Möglichkeit wäre beispielsweise die Äufnung eines Fonds durch eine so genannte „Luxussteuer“, um  damit eine Show wie „Stars on court“ zu finanzieren.) Sieht die Regierung kurz- oder mittelfristig weitere Möglichkeiten der Finanzierung, der einer „Umverteilung von oben nach unten“ Rechnung tragen würde?

 

[1] http://www.swisslos.ch/swisslos/de/lottoportal/ueber_swisslos/unternehmen/portraet/Portrait.jsp
[2] Interkantonale Vereinbarung über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten. Von der Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz am 7. Januar 2005 zur Ratifizierung in den Kantonen verabschiedet.
[3] „Saldo“, 21. November 2012
[4] Sport-Toto-Verordnung des Kantons Zug vom 4. Oktober 2005 (Stand 1. Januar 2006)
[5] Peter Graf wurde vom Mannheimer Landsgericht am 24.1.1997 wegen Steuerhinterziehung zu 3 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.
[6] Jens Beckert und Mark Lutter, 2008: Wer spielt Lotto?, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 60, 233-264.
[7] „Saldo“, 21. November 2012
[8] „Saldo“, 21. November 2012