Haltung zu zeigen, ist gut. Griffige Massnahmen und ein kantonaler Aktionsplan sind besser.

17. Mai 2022

Interpellation der SP-Fraktion betreffend Umgang mit Diskriminierung von und Gewalt gegen sexuell-orientierte und geschlechtliche Minderheiten, 17. Mai 2022

Heute wird in zahlreichen Ländern der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie respektive -feindlichkeit begangen, denn am 17. Mai 1990 hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten gestrichen.

Der Name des Aktionstags macht es deutlich: Es geht um viele Menschen, die bis heute Diskriminierung, Hass und Gewalt erfahren haben oder verleugnet werden. All das, weil ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht gewissen gesellschaftlichen Vorstellungen und Idealen entsprechen. Der heutigen Medienberichterstattung konnte entnommen werden, wie die LGBT+-Helpline in der Schweiz allein im Jahr 2021 insgesamt 92 Hass-Übergriffe verzeichnete. Das entspricht im Schnitt 2 Fällen pro Woche. Und es bedeutet eine Zunahme von 50% gegenüber dem Vorjahr. Dagegen gilt es einzustehen, auch in Zug.
Anlässlich des Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit und eingedenk des Abstimmungsresultats über die Änderung der Anti-Rassismusstrafnorm vom 9. Februar 2020, zu der über 58% der Zuger Stimmbürger:innen Ja sagten, erlauben wir uns, einige Fragen an den Regierungsrat zu stellen:

  1. Inwiefern haben Regierung, Verwaltung oder private Stellen Kenntnis von Art und Umfang von Opfern von Gewalt und/oder Diskriminierung aufgrund von Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie?
  2. Inwiefern erfassen die Zuger Polizei und andere amtliche Stellen Diskriminierung und Übergriffe gegenüber Homo-, Bi- und Intersexuellen sowie Transpersonen? Welche Überlegungen liegen der bestehenden Praxis zum Erfassen und Melden zugrunde? Welche Änderungen an der bestehenden Praxis sind vorgesehen oder denkbar?
  3. Welche Politik verfolgt der Regierungsrat grundsätzlich im Umgang mit Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit?
    1. Welche Handlungsfelder hat der Regierungsrat bislang erkannt und in welchen ist er tätig geworden? Von welchen Erwägungen lässt er sich dabei leiten?
    2. Welche konkreten Massnahmen wurden ergriffen und wie viel haben diese gekostet? Wie beurteilt der Regierungsrat die Wirksamkeit dieser Massnahmen? Wo sieht er konkretes Verbesserungspotential?
    3. Inwiefern werden bei der Ausarbeitung von Massnahmen Expert:innen und zivilgesellschaftliche Organisationen einbezogen? Falls ja, nach welchen Kriterien werden Einzubeziehende ausgewählt? Falls nein, warum nicht?
  4. Unterstützt der Regierungsrat zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich gegen LGBTQI-Feindlichkeit engagieren? Falls ja, mit welchen Mitteln? Falls nein, warum nicht?
  5. Wie beurteilt der Regierungsrat die Defizite in folgenden Handlungsfeldern: Stärkung der Erkenntnisgrundlagen; Bildung und Aufklärung; Kultur und Gedenken; Kindheit, Jugend, Schule und Familie; Arbeitsumfeld; Alter und Pflege; Verwaltung; Stärkung zielgruppenspezifischer ziviler Organisationen; Gesundheit; Beratung und psychologische Betreuung; Prävention; Bildungs- und Präventionsarbeit in spezifischen, LGBTQI-Personen überdurchschnittlich stark ablehnenden Milieus und Gemeinschaften (z.B. konfessionellen oder migrantischen); (Gewalt-) Kriminalität und Strafverfolgung; Opferhilfe; Antidiskriminierung im Allgemeinen? Wie gedenkt der Regierungsrat die erkannten Defizite zu beheben? Welche Prioritäten setzt er?
  6. Der Bundesrat hat am 19.08.2020 die Ablehnung einer Motion von Nationalrat Angelo Barrile beantragt, der ihn mit der Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans zur Verminderung LGBTQ-feindlicher Hate Crimes beauftragen wollte. Der Bundesrat argumentierte, im Föderalismus liege diese Aufgabe vordergründig bei den Gemeinden und den Kantonen. Gedenkt der Regierungsrat, einen kantonalen Aktionsplan zur Verminderung von LGBTQI-feindlichen Diskriminierungen und Übergriffen auszuarbeiten? Von welchen Erwägungen und zeitlichen Horizonten lässt er sich dabei leiten?

Besten Dank für die Beantwortung.