Abschaffung eines alten Zopfs – des Heimatscheins: zum Zweiten. Motion der SP-Fraktion

10. November 2022

Der Regierungsrat wird beauftragt, die Abschaffung des Heimatscheins möglichst schnell umzusetzen und die Abschaffung des Heimatausweises zu beantragen.   

 

Mit der Motion 2756.1 forderten die Motionäre Alois Gössi und Hubert Schuler die Abschaffung eines alten Zopfs: des Heimatscheins. In seiner Antwort klärte der Regierungsrat, dass Heimatschein und Heimatausweis zwei verschiedene Dinge sind:

Heimatschein

Der Heimatschein ist ein Zivilstandsdokument, dessen Form gemäss Art. 6 Abs. 1 der Zivilstands Verordnung vom 28. April 2004 (ZStV; SR 211.112.2) das Eidgenössische Amt für Zivilstandswesen (EAZW) festlegt. Er wird vom Zivilstandsamt des Heimatortes ausgestellt und gibt Auskunft über das Bürgerrecht und den Personenstand der Inhaberin bzw. des Inhabers. Damit dient der Heimatschein der Einwohnerkontrolle des Wohnortes als Grundlage für die Führung des Einwohnerregisters. Im Kanton Zug regelt § 57a Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden vom 4. September 1980 (Gemeindegesetz; BGS 171.1), dass bei der Niederlassung in einer Zuger Einwohnergemeinde ein Heimatschein hinterlegt werden muss. Es muss allerdings nicht bei jedem Umzug ein neuer Heimatschein vom Zivilstandsamt bezogen werden, sondern nur dann, wenn seit dem letzten Bezug eine Änderung des Personenstands eingetreten ist. Ansonsten wird der bisherige Heimatschein den betroffenen Personen bei einem Umzug von der Einwohnerkontrolle des alten Wohnorts für die Neuanmeldung am neuen Wohnort ausgehändigt oder direkt an den neuen Wohnort versandt. Die im Heimatschein enthaltenen Daten werden von den Zivilstands Ämtern im elektronischen Personenstandsregister Infostar erfasst. Diese zentrale Datenbank mit gesamtschweizerischer Vernetzung der Zivilstandsämter wurde im Jahr 2003 eingeführt und löste das alte Familienregister ab. Gegenwärtig fehlt es aber an einer bundesrechtlichen Grundlage, welche den Einwohnerkontrollen den Zugriff auf die in Infostar erfassten Daten ermöglichen würde. Das EAZW hält in Ziff. 1 der Weisung EAZW Nr. 03-04-01 vom 15. April 2003 über den Heimatschein fest, dass die Zivilstandsämter erst dann auf das Dokument Heimatschein verzichten können, wenn die massgebenden Daten auf Infostar erfasst sind und die Datenbekanntgabe an die Einwohnerkontrollen auf zeitgemässere Weise stattfinden kann.

 

Heimatausweis

Der Heimatausweis ist – im Gegensatz zum Heimatschein – kein Zivilstandsdokument, sondern eine Wohnsitzbestätigung im weiteren Sinne. Grundlage für die Ausstellung des Heimatausweises sind gemäss § 57ebisAbs. 1 des Gemeindegesetzes des Kantons Zug die Daten im Einwohnerregister. Der Heimatausweis wird von der Einwohnerkontrolle des jeweiligen Wohnortes ausgestellt und wird benötigt, um eine Nebenniederlassung (Wochenaufenthalt) anzumelden. Dies ist beispielsweise der Fall bei Studierenden mit Wohnsitz im Kanton Zug, die sich zu Studienzwecken unter der Woche in einem anderen Kanton aufhalten. Diese müssen bei der Einwohnerkontrolle ihrer Wohnsitzgemeinde im Kanton Zug einen Heimatausweis beantragen, um sich an der Nebenniederlassung als Wochenaufenthalterin resp. Wochenaufenthalter anmelden zu können.

Diese Motion 2756.1 wurde vom Kantonsrat grossmehrheitlich abgelehnt, da die rechtlichen und technischen Voraussetzungen noch nicht erfüllt waren. In der Zwischenzeit wurde dies erfüllt.

Beim Heimatschein ist also die Zuständigkeit der Abschaffung nicht beim Kanton Zug, sondern beim Bund. Der Bund resp. der National- und Ständerat hat dies so beschlossen [2]: Mit dem neuen Artikel 43a Absatz 4 Ziffer 6 des Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210; BBl 2017 7899), der voraussichtlich auf den 1. Januar 2019 in Kraft treten wird, wird die Grundlage dafür geschaffen, dass die Kantone für die Einwohnerdienste technisch einen elektronischen Zugriff im Abrufverfahren auf das Informatisierte Personenstandsregister (Infostar) einrichten können. Sollten die Kantone von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, so ist bei der polizeilichen Anmeldung auf einer Gemeinde der Nachweis des Schweizer Bürgerrechts in Form eines papiernen Heimatscheins nicht mehr erforderlich, da die Einwohnerdienste die für die Registrierung notwendigen Personalien direkt in Infostar abfragen können. Der Bundesrat geht deshalb davon aus, dass in diesen Kantonen das Erfordernis der Vorlage eines Heimatscheins in Form eines physischen Dokuments gemäss Artikel 36 BV keinem öffentlichen Interesse mehr entsprechen und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht länger in Einklang stehen dürfte.

  1. Die Motionäre beauftragen den Regierungsrat, das Erfordernis der Vorlage eines Heimatscheins in Form eines physischen Dokuments so schnell wie möglich aus den zugerischen Gesetzen zu streichen, nachdem die bundesrechtlichen Vorgaben dazu vorhanden sind.

 

Beim Heimatausweis ist die gesetzliche Grundlage das Gemeindegesetz des Kantons Zug. Beim Heimatausweis, es ist kein Zivilstandsdokument, sondern eine Wohnsitzbestätigung im weiteren Sinne, soll geprüft werden, ob der Heimatausweis abgeschafft werden könnte, resp., ob dies, da der Heimatausweis grösstenteils für den Verkehr mit anderen Kantonen benötigt wird, auch in einer anderen, einfacheren Form «möglich» ist.

  1. Die Motionäre beauftragen den Regierungsrat zu prüfen, ob der Heimatausweis nicht auch abgeschafft werden kann.

    

 

[1] Vorlage 2756.2 zur Motion von Alois Gössi und Hubert Schuler betreffend Abschaffung eines alten Zopfs: des Heimatscheins

[2] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20183818