Zuger Notizen von Kantonsrat Alois Gössi. Bericht aus der Kantonsratssitzung vom 24./25. November 2022

von Alois Gössi, 28. November 2022

Sehr rosig
sind die finanziellen Aussichten des Kantons Zug: der Regierungsrat budgetierte einen Gewinn 253.4 Mio. Fr für 2023, und für die Planjahre 2024 bis 2026 werden Überschüsse in der Höhe zwischen 329 und 424 Mio. Fr. budgetiert. Und für das laufende Jahr 2022 kündigt sich ein neuer Rekordgewinn (d.h. über 300 Mio. Fr.!) an. Und trotz absehbaren Riesengewinnen beschäftigten wir uns quasi den ganzen Tag mit dem Budget 2023 sowie dem Finanzplan. Auch wenn es sehr rosig aussieht, ein paar dunkle Wolken lauern trotzdem für die nächsten Jahre wie Inflation, Rezession, NFA-Entwicklung, weiterer Verlauf der COVID-Pandemie oder SNB-Gewinnausschüttungen. Ich habe im Moment das Gefühl, alles was finanziell zum Guten des Kantons Zug möglich ist, trifft auch ein. Kantonsrat A. Hürlimann formulierte völlig zu Recht: «Unser finanzielles Polster sollte hier Möglichkeiten bieten, um in Zukunft überlegt und ohne drastische und überhastete Sparmassnahmen auszukommen.». Die im Sparprogramm abgebauten 84 Personalstellen sind in der Zwischenzeit wieder kompensiert worden. Das Wachstum (sei es natürliche oder juristische Personen) sowie neue zusätzliche Aufgaben zollen hier ihren Tribut. Mit Digitalisierung oder Automatisierung von Abläufen kann hier nicht 1:1 entgegengehalten werden. So kann zu einem Bazar/Gefeilsche um neue zusätzliche Personalstellen. Und für mich immer vor dem Hintergrund einer Aussage des Finanzdirektors: «Das Personal ist unter Dauerstress. Es ist in den meisten Direktionen so, dass das Personal stark unter Stress steht». Ich hätte es gerne gesehen, aber die bürgerliche Mehrheit hätte dies wahrscheinlich überhaupt nicht goutiert, wenn der Regierungsrat noch einige Personalstellen mehr budgetiert hätte. Wobei, dies muss ich zugeben, nicht alle Personalanträge des Regierungsrates gutgeheissen habe: wo für mich die Begründung nicht überzeugen konnte, habe ich die Anträge abgelehnt.

Im Rahmen der Prämienverbilligung beantragte ich für die SP-Fraktion, dass diese um 10 Mio. noch zusätzliche erhöht würden. Der Kanton Zug, dies anerkenne ich auch, ist sehr effizient mit seinen Mitteln zur Prämienverbilligung und wird für das Budgetjahr 2023 die Prämienverbilligung auch erhöhen. Aber nie so viel, dass die Inflation sowie die happigen Prämienanstiege gegenüber 2022 wettgemacht würden. Und früher wurde ein COVID-Kredit für die Prämienverbilligung von je 10 Mio. für die Jahre 2021-2023 gesprochen. Aufgrund der sehr restriktiven Rahmenbedingungen kommt es über die drei Jahre aber überhaupt keine Auszahlung zu Stande. Da hätten diese 10 Mio. Fr. für 2023 dem Kanton Zug gut angestanden, aber der bürgerliche Kantonsrat hatte kein Gehör dafür.

Überraschenderweise, ich war am meisten selber darüber erstaunt, stimmt der Kantonsrat einem Kürzungsantrag von mir von Fr. 200’000.00 bei der Sicherheitsdirektion zu. Es ging darum, dass der Kanton Zug sein «Tafelsilber» nicht «verscherbeln» muss, wenn er es nicht nötig hat. Und konkret dass er seine eigenen tiefen Autonummern bis auf weiteres (sprich bis es uns wieder finanziell schlecht geht) nicht mehr versteigern will.

So wie beispielsweise mit der ZG 10, die für sagenhafte Fr. 235’000.— früher versteigert wurde.

Livestreaming
bei den Debatte im Zuger Kantonsrat wird jetzt endgültig eingeführt. Bis jetzt gab es nur drei «Probelivestreamings» zu Kantonsratssitzungen: zu Recht mit sehr bescheiden Mitteln umgesetzt, die Anzahl Klicks blieben im überschaubaren Rahmen. Gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und der halben Mitte-Fraktion wurde dieses Postulat, u.a. eingereicht von der SP-Kantonsrätin Virginia Köpfli, relativ deutlich erheblich erklärt. Den Nein-Sagern wurde in der Debatte vorgeworfen, sie wehrten sich eine grössere Transparenz des Kantonsrats.

«Möglicherweise»
war eine sehr umstrittene Formulierung mit der Motion zur Halbierung der kantonalen Gebühren zu Gunsten der Unternehmen und Privater im Kanton Zug. Der Regierungsrat beantragte eine Teilerheblichkeitserklärung und arbeitete dazu einen pragmatischen Vorschlag aus: Gebühren für Leistungen, die jeder einmal in Anspruch nimmt (wie beispielsweise An- und Abmeldegebühren, Wohnsitzbescheinigung, Bestattungsgebühr etc.), sollen inskünftig gratis sein. Dieser Antrag fand schlussendlich eine Mehrheit im Kantonsrat. Und anschliessend an die Abstimmung wurde die Frage von einem Kantonsrat gestellt: Wusste der Kantonsrat überhaupt, was er soeben beschlossen hat. Es ging um die Formulierung: »vorstehende Aufzählung der einzelnen, möglicherweise aufzuhebenden Gebühren ist beispielhafter Natur und hat keine präjudizielle Wirkung auf das nachfolgende Gesetzgebungsprojekt». Was hat die Wort «möglicherweise» für eine Bedeutung so unter dem Motto «ein Jurist findet für jede Lösung ein Problem». Das Ganze endete so nach rund 45-minütigen Diskussionen, einem Rückkommensantrag und erneuter Bestätigung mit dem gleichen Resultat wie bei der ersten Abstimmung. Sagen wir es mal so, dies war kein Glanzstück des Kantonsrates!

Das Spezielle
Die Legislatur 2019-2022 endete mit einem Überhang an pendenten Geschäften. Wir schafften es nicht, diese pendenten Geschäfte an drei Kantonsratssitzung im November 2022 (gut ein Tag davon praktisch nur für das Budget) abzuarbeiten. So wird mindestens die erste Kantonsratssitzung im Januar 2023 genügend Traktanden aufweisen.

Dies war meine letzte Kantonsratssitzung, für mich geht eine Epoche mit einer beinahe 21-jährigen Kantonsratstätigkeit zu Ende. Wegen meiner Nichtwiederwahl war ich natürlich schon sehr, aber in der Zwischenzeit freue ich mich auch, nicht mehr als Kantonsrat tätig zu sein. Ich hoffe einfach, dass es mir gelingt, dies effektiv auch so «loszulassen», wie ich es mir im Moment vorstelle. Als Kantonsrat einer kleinen Fraktion kann man nicht die «grossen Würfe» vollbringen. Aber nichts desto trotz bin ich stolz auf einige Erfolge im Kantonsrat: so u.a. die Fachstelle häusliche Gewalt bei der Zuger Polizei ist auf einen Vorstoss von mir zurückzuführen, ebenso, dass Einbürgerungen durch den Bürgerrat und nicht mehr durch eine Bürgergemeindeversammlung, den Ruf, der einzig liberale Zuger Kantonsrat zu sein sowie gestern, dass der Kanton Zug bis auf weiteres keine eigenen tiefer Zuger Autonummern mehr versteigern darf.

 

Mein Abstimmungsverhalten ist ersichtlich unter www.zg.ch/behoerden/kr/abstimmungsergebnisse

Alois Gössi

Alois Gössi