Zuger Notizen: Bericht aus der Kantonsratssitzung vom 1. Mai

8. Mai 2014

Mit uns selber

haben wir uns heute beschäftigt: es ging um eine Totalrevision der Geschäftsordnung des Kantonsrates (GO KR). Die aktuelle GRO KR wurde im 1932 erlassen. Es gab in der Zwischenzeit einige kleinere Teilrevisionen, eine grosse Totalrevision scheiterte im 2001. Es hat sich neben der GO KR eine weitgehende Praxis entwickelt, die jedoch nur zu einem kleinen Teil schriftlich festgehalten ist. Unter anderem gibt es 11 Empfehlungen des Büros, die nicht in der GO KR abgebildet sind, aber der Klarheit dienen und in der Regel befolgt werden. Mit der revidierten GO KR wird das Ganze vereinfacht, modernisiert und bestehende Regeln, die nicht in der GO KR integriert sind, integriert. Nachfolgend sind die für mich wichtigsten Entscheide aufgeführt:

  • Das amtsälteste Mitglied des Kantonsrates eröffnet zu Beginn der Legislatur die konstituierende Sitzung.
  • Die Ausstandsgründe in der JPK und Stawiko sind klar definiert. Unumstritten war, dass Angestellte des Kantons nicht Mitglied der JPK und der Stawiko sein dürfen. Abgelehnt wurde eine Erweiterung auf die Mitarbeitenden und Personen in leitenden Organen der Anstalten des Kantons oder von Aktiengesellschaften, bei denen der Kanton Mehrheitsaktionär ist (Lex Kupper/ Andermatt)
  • Ein Minderheitsbericht kann auch nur von einem Kantonsrat oder Kantonsrätin erstellt werden, es braucht nicht mindestens zwei dazu.
  • Kantonsräte, die während der Legislatur die Fraktion wechseln, verlieren ihren Kommissionssitz bei den ständigen Kommissionen (Lex Rupan)
  • Der Kantonsrat und nicht der Kantonsratspräsident oder -präsidentin bestimmt, falls eine Sitzung des Kantonsrates ausserhalb des Kantonsratssaales stattfindet (Lex Hubi)
  • Antragsrecht von Kantonsräten bei einer Gesetzesvorlage (mittelbarer oder unmittelbarer Zusammenhang): inskünftig genügt es, wenn der Gegenstand in der Vorlage erwähnt wird und nicht nur, wenn die vorberatende Kommission es dem Kantonsrat auch beantragt.
  • Die JPK und die Stawiko haben neu die Oberaufsicht über die Gerichte und die Verwaltung.
  • Die Redaktionskommission (sie prüft die Erlasse auf die sprachliche Korrektheit) bleibt weiterhin bestehen.
  • Überraschend war für mich, dass der Antrag von Büro, dass es inskünftig 2/3 der Stimmen gegen eine Nichtüberweisung von Motionen oder Postulaten braucht, erfolgreich war: ein «Artenschutz für Minderheiten», wie dies genannt wurde. Ich erhoffe mir mit dieser Änderung, dass inskünftig weniger SP-Motionen oder Postulate nicht überwiesen werden.

Erstaunlich war bei den vielen Abstimmungen, dass die grösste Parteien bei uns im Kantonsrat, die CVP, mit vielen ihren Anträgen nicht erfolgreich war.

Das Spezielle

Eine «Bankrotterklärung» gab heute der GLP-Kantonsrat Daniel Stadlin ab: «wir haben keine Lust, in der heutigen Debatte total chancenlose Anträge bei den bestehenden Machtverhältnissen zu stellen». Da bleibt doch als Konsequenz nur ein Anschluss an die CVP oder FDP, damit sie inskünftig keine total chancenlose Anträge einreichen will oder muss!
Kantonsrat S. Gisler: «die GLP lade ich als Minder-Minderheitspartei ein, trotzdem ab und zu Anträge zu stellen».
Und ebenfalls GLP-Kantonsrat Daniel Stadlin zur Revision GO KR: dies ist die gewichtigste Vorlage in dieser Legislatur: 840 g schwer, 14 mm dick und eine ganze Tagessitzung ist dafür angesetzt.
Kantonsratsvizepräsident Moritz Schmid, der anstelle des Kantonsratspräsidenten die Sitzung leitete, nachdem er bereits an seiner ersten Sitzung, die er leitete, einen Stichentscheid fallen durfte/musste: «Darauf habe ich schon die ganze Zeit gewartet!».

Mein heutiges Abstimmverhalten:

Kantonsratsbeschluss über die Geschäftsordnung des Kantonsrats (GO KR)

  • Eintreten auf die Vorlage: Ja (mit 55:16 Stimmen angenommen)
  • § 2: Leitung provisorisches Büran der konstituierenden Sitzung: das amtsälteste oder älteste Kantonsrat/Kantonsrätin: für das amtsälteste (mit 63:9 Stimmen für das amtsälteste Kantonsratsmitglied)
  • § 4 Abs. 2: wird jede Fraktion abhängig von ihrer Stärke bei der Wahl des Präsidiums/Vizepräsidiums angemessen berücksichtigt gegen jede Fraktion wird unabhängig von ihrer Stärke periodisch bei der Wahl des Präsidiums/Vizepräsidiums berücksichtigt: für das zweite (das erste mit 48:22 Stimmen angenommen)
  • Streichung von § 4 Abs. 2: abgelehnt (Streichung mit 42:29 Stimmen angenommen)
  • § 8 Abs. 4, Punkt 4: Streichen von „Vorbehalten bleiben davon abweichende Beschlüsse des Kantonsrates“: Nein (Streichung mit 61:9 Stimmen abgelehnt)
  • § 10 Abs. 3 streichen: Nein (Streichung mit 47:29 Stimmen abgelehnt)
  • § 15 Führen eines Registers mit den Interessenbindungen der Mitglieder
  • des Kantonsrates: Ja (mit 29:34 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 Ständige Kommissionen: Streichen von und Soziales bei der Kommission für Gesundheit und Soziales: Nein (Streichung mit 43:25 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 ständige Kommissionen, Regelung der Kommissionsgrösse bei den ständigen Kommissionen: Ja (mit 70:1 Stimmen angenommen)
  • § 16 Abschaffung der Konkordatskommission: Nein (Abschaffung mit 52:22 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 Unvereinbarkeiten JPK und Stawiko: Erweiterung auf Mitarbei-tende und Personen in leitenden Organen der Anstalten des Kantons oder von Aktiengesellschaften, bei denen der Kantonen Mehrheitsak- tionär ist: Nein (Erweiterung mit 44:30 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 Unvereinbarkeiten JPK und Stawiko, Erweiterung gilt auch für Mitarbeitende und Personen in leitenden Organen von juristischen Personen, die mit dem Kanton eine Leistungs- oder Subventionsvereinbarung abgeschlossen haben: Nein (Erweiterung mit 58:16 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 Beratung Erweiterung auf die erweiterte Justizprüfungs-kommission, dass die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die im Anwaltsregister eingetragen sind, keine Mehrheit haben, erst nach dem § 21 beschliessen: Ja (Verschiebung mit 53:15 Stimmen abgelehnt)
  • § 16 Erweiterung auf die erweiterte Justizprüfungskommission, dass die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die im Anwaltsregister eingetragen sind, keine Mehrheit haben: Ja (mit 68:3 Stimmen angenommen)
  • § 16 Aufhebung von die im Anwaltsregister des Kantons Zug eingetragen sind der Begrenzung auf den Kanton Zug: Ja (mit 72:0 Stimmen angenommen)
  • § 16 Streichung einstimmiger Entscheid bei den Fraktionschefs für eine Direktüberweisung an ständige Kommissionen: Nein (Streichnung mit 44:25 Stimmen angenommen)
  • § 18 Abs. 2 Staatswirtschaftskommission und Oberaufsicht über alle Gerichte etc.: Ja (mit 58:0 Stimmen angenommen)
  • § 18 Sie prüft insbesondere gegen Sie übt die Oberaufsicht insbesondere in folgenden Bereichen aus: für das zweite (mit 60:7 Stimmen für das zweite)
  • § 19 Abs. 4: die Gerichte sind für die Wahl der Präsidien anzuhören: Nein (mit 46:16 Stimmen abgelehnt)
  • § 19 Abs. 4: Visitation der JPK im Rahmen der Oberaufsicht durch die
  • Engere JPK oder durch die erweiterte JPK: für die engere JPK (für die erweiterte JPK mit 51:14 Stimmen)
  • § 20 Redaktionskommission: Streichung von „die Redaktions-kommission kann bei Teilrevisionen die Anpassungen zur sprachlichen Gleichstellung der Geschlechter im ganzen Erlasstext vornehmen“: Nein (mit 44:23 Stimmen abgelehnt)
  • § 20 bis Konkordatskommission: besteht aus 15 Mitgliedern: für 15 Mitgliedern: Prüfungsauftrag durch die vorberatende Kommission: Ja (mit 25:36 Stimmen Prüfungsauftrag abgelehnt)
  • § 21 Nichtständige Kommissionen: besteht aus 7, 11 oder 15 Mitgliedern gegenüber 11 oder 15 Mitglieder gegenüber fix immer 15 Mitgliedern:
    • 1. Abstimmung bei der Dreifachabstimmung:
    • 7, 11 oder 15 Mitglieder: 18 Stimmen
    • 11 oder 15 Mitglieder: 4 Stimmen
    • 15 Mitglieder: Ja (47 Stimmen, absolutes Mehr erreicht)
  • § 22 Parlamentarische Untersuchungskommission: sofortige Behandlung der Motion: Ja (Antrag auf Streichung sofortige Behandlung mit 45:15 Stimmen abgelehnt)
  • § 22 Parlamentarische Untersuchungskommission: Einrichten mit einer ½ oder 1/3 Mehrheit: ½ Mehrheit (mit 34:27 Stimmen für eine ½ Mehrheit)
  • § 23 Wahl der Kommissionen: Wählen von Stellvertretern bei den Präsidien: Nein (mit 56:7 Stimmen abgelehnt)
  • § 23 Wahl der Kommissionen: Neuverteilung der Kommissionssitze bei einem Wechsel in der Fraktion: Nein (mit 54:16 Stimmen abgelehnt)
  • § 23 Debattenordnung für Kommissionen: kann nach einer Schlussab-stimmung auf ein Rückkommen mit einfachem Mehr oder mit 2/3 Mehr darauf zurückkommen: einfaches Mehr (mit 27:34 Stimmen für 2/3 Mehr)
  • § 28 Akteneinsichts- und Auskunftsrechts der Kommissionen: aktive oder passive Formulierung zur Einsichtnahme in sämtliche Akten des Beratungsgegenstandes und sämtliche Mitarbeiter des Kantons erteilen Auskunft: Nein (mit 31:25 Stimmen angenommen)
  • § 30 Kommissionsberichte: die Kommissionspräsidenten- oder präsidentinnen vertreten den Bericht in der Regel im Kantonsrat gegenüber die Kommissionen beschliessen, wer ihre Anträge vor dem Kantonsrat vertritt: für das erste (mit 43:18 Stimmen für das erste)
  • § 30 Kommissionsberichte: Minderheitsberichte können auch durch einzelne Kommissionsmitglieder oder mindestens zwei Kommissions- mitglieder erstellt werden: für einzelne Kommissionsmitglieder (mit 46:19 Stimmen für einzelne Kommissionsmitglieder)
  • § 32 der Kantonsratspräsidentin – oder der Kantonsratspräsidentin entscheidet über einen Sitzungsort ausserhalb des Kantonsratssaals gegenüber dem Kantonsrat: für Kantonsratspräsident- oder Präsidentin oder Kantonsratspräsident (mit 36:29 entscheidet der Kantonsrat)
  • § 34 Teilnahme des Regierungsrates. Ergänzung mit Die Teilnahme an Direktorenkonferenzen ist möglich, wenn es das überwiegende Interesse des Kantons Zug dies erfordern: Nein (mit 49:17 Stimmen abgelehnt)
  • § 43 Vorprüfung Motionen und Postulaten durch die Staatskanzlei: Antrag auf Streichung: Nein (Streichung mit 47:18 Stimmen abgelehnt)
  • § 44 Verfahren bei Motionen und Postulaten: der Kantonsrat kann mit ½ oder 2/3 der Stimmenden den Vorstoss von vornherein ablehnen: für 2/3 der Stimmenden (mit 36:27 Stimmen Ablehnung nur mit 2/3 der Stimmenden)
  • § 44 Verfahren bei Motionen und Postulaten: der Regierungsrat erstellt jährlich oder halbjährlich Bericht über fällige Vorstösse: halbjährlicher Bericht (mit 28:31 Stimmen für einen jährlichen Bericht)
  • § 44 Verfahren bei Motionen und Postulaten Ergänzung mit ??: abgelehnt (mit 35:22 Stimmen angenommen)
  • § 46 Erledigung einer Motion oder eines Postulates bei der Beratung einer anderen Vorlage: Streichung Absatz 1: wegen der 1. Mai Feier im Saal nicht anwesend (Streichung mit 5:60 Stimmen abgelehnt)
  • § 50 Verfahren bei Interpellationen: Streichung der Möglichkeit von der Beantwortung von „Expressinterpellationen“ durch den Regierungsrat: Nein (mit 62:6 Stimmen Streichung abgelehnt)
  • § 53 Kleine Anfragen: Behandlungsfrist von 1 oder 2 Monat: für 2 Monate (mit 46:20 Stimmen für 1 Monat)
  • § 59 Reihenfolge der Sprechenden: in wechselnder Reihenfolge gegenüber gleichberechtigt in wechselnder Reihenfolge: für gleichberechtigt in wechselnder Reihenfolge (mit 29:31 Stimmen für wechselnde Reihenfolge)
  • § 59 Reihenfolge der Sprechenden: Streichung von Mitglieder des Kantonsrates dürfen auf das Schlusswort (des Regierungsrates) erwidern: Nein (31:31, Stichentscheid Kantonsratsvizepräsident auf Streichung)
  • § 63 Ordnungsantrag Streichung von Ein Ordnungsantrag kann jederzeit nach Abschluss eines Votums mündlich gestellt werden: Nein (Streichung mit 50:12 Stimmen abgelehnt)
  • § 66 Anträge: Streichung vor dem Votum: Ja (Streichung mit 43:5 Stimmen angenommen)
  • § 67 Ausscheidung von Anträgen ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Beratungsgegenstand: Erwähnung im Bericht und Antrag Regierungsrat/Gericht genügt: Ja (mit 49:14 Stimmen angenommen)
  • § 76 Schlussabstimmung Behördenreferendum: Schlussabstimmungen für 2 oder mehr Vorlagen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang miteinander stehen, kann die Schlussabstimmung für jede Vorlage einzeln oder für alle Vorlagen gemeinsamen erfolgen gegen der Kantonsrat kann beschliessen, die Schlussabstimmung nach Sachgebieten getrennt durchzuführen: für die erste Variante (erste Variante mit 34:26 Stimmen angenommen)
  • heftiger Applaus nach Abschluss 1. Lesung GRR 5 Minuten vor dem prognostizierten Ende um 1755 Uhr