Richtplan und viele Vorstösse betreffend Milderung aus der Corona-Krise. Bericht zur Kantonsratssitzung vom 28. Mai 2020
Bereits zum Start äussert sich der Fraktionschef der SVP, dass sie sich mit dem Merkblatt, welches von der Kanzlei mit den Unterlagen verschickt wurde, nicht ernst genommen fühlen würden. Sie seien keine Kleinkinder und würden sich nicht an die Weisungen halten. Insbesondere würden sie sicher untereinander und mit anderen Kantonsrätinnen und –räten Gespräche führen. Die Kantonsratspräsidentin erklärt, dass dies mit dem BAG abgesprochen sei und deshalb erneut verteilt wurde.
Die Traktandenliste umfasst 32 Geschäfte. Es ist allen bewusst, dass diese heute nicht abgearbeitet werden können. Es ist jedoch üblich, dass alle Geschäfte, welche für den Kantonsrat zur Debatte bereit sind, auf der Traktandenliste aufgeführt werden. So ist es möglich, dass ein Geschäft über Monate auf der Liste aufgeführt ist, ohne dass es behandelt werden kann. Bei der Reihenfolge auf der Traktandenliste besteht eine klare Hierarchie der Geschäfte:
- Überweisen von Vorstössen
- Kommissionsbestellungen
- Kantonsratsbeschlüsse, das sind auch Revisionen oder Teilrevision von Gesetzen
- Motionen
- Postulate
- Interpellationen
Kantonsratsbeschluss betreffend Ablösung des NOK-Gründervertrages durch einen Aktionärsbindungsvertrag der Aktionäre der Axpo-Holding AG
Schlussabstimmung: Da kein Antrag zur 2. Lesung eingegangen ist, ergibt sich auch keine weitere Diskussion. Ich stimme zu; mit 45:30 Stimmen wird der KRB angenommen.
Es wird das Behördenreferendum beantragt. Daraus ergibt sich nochmals eine Diskussion, da der Finanzdirektor erneut aufzeigt, welche Auswirkungen eine Ablehnung des Beschlusses hätte. Aus seiner Sicht würde es keine Gewinner geben, evtl. Rechtsanwälte, welche den über 100-jährigen Vertrag als ungültig erklären möchten, da er nicht mehr umsetzbar sei. Es wäre sicher auch schwierig zu diesem Thema einen Abstimmungskampf zu führen. Ich bin gegen das Behördenreferendum. Wir sind gewählt worden, solche Entscheide, welche geringe Auswirkungen für den Kanton Zug haben zu fällen, denn Zug besitzt knapp 0,9% des Aktienkapitals. Der Antrag wird mit 57:18 abgelehnt, nötig wären 1/3 der Stimmenden gewesen. Damit ist dieses Geschäft für den Moment erledigt. Der Kantonsrat würde erst dann erneut über dieses Thema sprechen, wenn der Regierungsrat die Aktien verkaufen möchte. Dies kann er nur mit Einwilligung des Kantonsrates machen.
Genehmigung der Schlussabrechnung betreffend Objektkredit für das Projekt Ausbau Verbindung Knoten Grindel-Biberbrugg, Gemeinde Cham und Steinhausen
Da die Kosten über 10 Mio. Franken betragen haben, muss der KR diese Schlussrechnung genehmigen. Die Stawiko (Staatswirtschaftskommission) erklärt, dass erneut ein Auftrag im Umfang von rund 1. Mio. ohne gültige Unterschrift erteilt worden sei. Die Baudirektion hätte in der Zwischenzeit die nötigen Massnahmen ergriffen, damit dies nicht mehr passieren kann. Da kein Gegenantrag gestellt wird, ist die Genehmigung stillschweigend erfolgt.
Kantonsratsbeschluss betreffend Objektkredit für die Planung der Instandsetzung und eines Neubaus an der Hofstrasse 15, Zug
Hier zeige ich als Präsident der Hochbaukommission (HBK) auf, dass diese Sanierung sehr dringend ist. Alle drei Gebäudeteile an der Hofstrasse (erste Fabrik der Landis und Gyr) sind in einem desolaten Zustand. Im Ostgebäude hat sich der Hausschwamm eingenistet und zerstört die dort gelagerten Objekte der Archäologie und des Denkmalschutzes. So soll dieser Bau neu erstellt werden. Die beiden anderen Gebäudeteile werden saniert. Die HBK fordert, dass die Planung erweitert wird, so dass ein zusätzliches Stockwerk beim Ostbau erstellt werden kann. Damit können für die kant. Verwaltung Synergien geschaffen werden. Die Vorlage wird von allen Fraktionen unterstützt. Philip Brunner als KR aus Zug meldet sich trotzdem und rügt die Zuger KR, dass sie sich nicht stärker für die Stadt Zug einsetzen würden. Alle Votanten, welche dieses Geschäft vorgetragen hätten, würden nicht aus der Stadt Zug stammen. Ich erwidere Philipp, dass es doch schön sein, wenn die Zuger Gemeinden der Stadt Zug ein schönes Gebäudeensemble schenken würde. Auch sei die Vorlage so gut, dass es eigentlich nichts mehr zu ergänzen gäbe. In der Detailberatung gibt es keine Anträge, also auch keine Abstimmung. Es wird eine 2. Lesung geben.
Bereits aus dem umfassenden Titel ist klar, dass zu diesem Geschäft eine ausführliche Diskussion geführt wird. Bei Interesse kann unter https://bgs.zg.ch/app/de/texts_of_law/711.31 ein Augenschein des Richtplans genommen werden. Es ist immer wieder faszinierend, wie ausführlich und verwoben sich der Richtplan darstellt.
Die Zuger Bevölkerung soll im Jahr 2040 knapp 150’000 Einwohnerinnen und Einwohner zählen. Zusätzlich wird die Zahl der Beschäftigten auf 130’000 (also 24’000 zusätzlich zu heute) angegeben. Dieses Wachstum muss berücksichtigt werden, damit die nötigen Infrastrukturen, Erholung, Natur und die Landwirtschaft vorhanden oder geschützt werden kann.
L 11.4.1 Vor Jahren wurde Landwirtschaftsland in Baar für einen möglichen Golfplatz im Richtplan festgesetzt. Nachdem die angrenzenden Zürcher Gemeinden diesem Ansinnen einen Riegel (Volksabstimmung) gestossen hatten, wird nun dieser Punkt diskussionslos aus dem Zuger Richtplan gestrichen.
V 2 Nationalstrassen
V 2.3 Neubau Autobahn-Halbanschluss Steinhausen Süd. Hier soll der Halbanschluss die zukünftigen Quartiere der Lorzenebene erschliessen. Immer noch soll eine Verbindung an die General-Guisan-Strasse in Zug und nach Baar erstellt werden, obwohl die Verbindung nach Zug bereits vor Jahren als unnötig erklärt wurde. Es weht erneut ein Hauch von Strassenbauwahn im Kanton Zug. Denn jetzt ist die Idee, dass beide Verbindungen unterirdisch erstellt werden könnten. So frei nach dem Motto: Wenn schon kein Stadttunnel, dann Zubringertunnel. Der Antrag (SP und ALG) den Halbanschluss aus dem Richtplan zu streichen wurde mit 56:20 klar abgelehnt.
V 3 Kantonsstrasse
V 3.2.8 Hier geht es um die Kapazitätssteigerung der beiden Strassen Chamerstrasse (Zug und Nordzufahrt (Zug und Baar) inkl. Autobahnanschluss Baar. Diese Steigerung wird als Zwischenergebnis im Richtplan festgehalten. Auch hier wird der Antrag auf streichen gestellt, welcher mit 57:15 abgelehnt wird. Ich stimme gegen diesen Antrag, für mich ist es richtig, dass die bestehenden Strassen erweitert und nicht zusätzliche Strassen erstellt werden.
V 3.3.2 In das Zwischenergebnis wird der Passus aufgenommen, dass im Jahr 2035 der Kanton prüfen muss, ob die Massnahmen der Kapazitätssteigerung der Chamer- und Nordstrasse den erwarteten Erfolg gebracht hat. Falls nicht muss die Regierung innert 2 Jahren den Richtplan anpassen und den Halbanschluss Steinhausen Festsetzen lassen. Wie bereits oben wird auch dazu der Antrag gestellt, dies zu streichen. Der Antrag wird ebenfalls mit 20:53 abgelehnt. Hier bin ich für den Antrag, es macht keinen Sinn, bereits jetzt solche Themen festzuschreiben.
V 3.6 In diesem Abschnitt geht es darum, wie der Kanton und die Gemeinden die flankierenden Massnahmen zu den oben besprochenen Strassenprojekten umsetzen müssen. Die vorberatende Kommission für Raum, Umwelt und Verkehr möchte, dass auch der Begriff «akustische» Aufwertung hinzugefügt wird.
Der Antrag dies zu streichen wird mit 38:37 angenommen. Ich stimme für die Beibehaltung.
V 2.2.2 Neubau Autobahn-Halbanschluss Rotkreuz Süd mit Massnahmen zur Verflüssigung des Verkehrs zwischen Halbanschluss Rotkreuz Süd und Vollanschluss Rotkreuz
Darüber konnte bereits viel in den Medien gelesen werden. Der Halbanschluss soll erst eröffnet werden, wenn die Sanierung Autobahnanschluss Küssnacht saniert ist. Trotz der «versprochenen» flankierenden Massnahmen überzeugt uns dieser Halbanschluss nicht. Deshalb stellen wir den Antrag auf streichen. Unerwartete Unterstützung erhalten wir von der SVP, welche ebenfalls für streichen ist. Der Antrag wird mit 28:48 abgelehnt. Das Argument, dass jetzt während der Corona-Krise sich der tägliche Stau rund um den Forren-Kreise nicht gezeigt hätte, wird von den Gegnern als nicht relevant eingestuft. Homeoffice und neue Arbeitszeitmodelle wäre eine ideale Ergänzung und könnten einige Infrastrukturanpassungen überflüssig machen.
Zu den flankierenden Massnahmen sollen eine Ostumfahrung und der Bügel (1. und 2. Teil) erstellt werden. Damit würde verhindert, dass der Verkehr die Quartierstrassen und das Dorfzentrum Rotkreuz «überfluten». Der Antrag die Ostumfahrung nicht festzusetzen wird mit 59:16 abgelehnt. Ich stimme dagegen. Der Antrag, den Bügel (2. Teil Industriestrasse Rotkreuz – Bösch) als Zwischenergebnis zu streichen lehne ich ab. Die Mehrheit 53:19 ist gleicher Meinung.
V 6.3 Hauptnetz Feinverteiler: Die Buslinie wird durch das neu entstehende Quartier Unterfeld in Baar geführt. Diese Linie soll weiter durch den Feldpark geführt werden.
Der Antrag dies zu streichen wird mit 17:57 klar abgelehnt. Ich finde die Weiterführung sinnvoll, denn der Bus soll dort fahren, wo die Leute wohnen oder arbeiten.
Aus diesem Grund lehne ich auch den Antrag ab, welcher gestellt wurde, dass die Linie von Steinhausen nicht durchs Industriegebiet «Twerenbold», sondern direkt über die Weststrasse geführt werden soll. Dieser Antrag wird mit 20:54 abgelehnt.
V 9 Radverkehr: Der Rat diskutiert über zwei Fahrradstrecken in Baar. Einmal von Baar nach Kappel a. A. und die zweite von Baar nach Steinhausen (Zimbel).
Die Radstrecke nach Kappel wird nicht über Deibühl-Tannenhof sondern der Strasse entlang über die Bachtalen erstellt. Der Antrag nicht über die Bachtalen wird mit 15:57 abgelehnt. Die Radstrecke über die Bachtalen ist für mich relativ gefährlich.
Für die Strecke Baar – Steinhausen wird der Antrag auf keine Veränderung gestellt. Neu soll der Veloverkehr parallel zur Autobahn geführt werden. Der Antrag wird mit 21:47 abgelehnt. Ich denke, die neue Linienführung ist für die Velofahrenden sicherer.
V 12 Festlegung der Prioritäten für die Verkehrsvorhaben
Hier wird der Antrag, die Priorität der Umfahrungsstrasse Cham-Hünenberg auf die 2. Priorität zu verschieben mit 16:48 abgelehnt. Ich stimme auch dagegen, denn auch wenn ich den Nutzen von zwei Kammern bezweifle, hat das Volk diesem Strassenprojekt zugestimmt. Die weiteren Prioritätenfestlegungen werden diskussionslos genehmigt.
E 15.2. Elektrische Übertragungsleitungs- und Verteilnetze
Hier werden die Räume für eine Erdverlegung der Hochspannungsleitung festgesetzt. Es wird kein Antrag gestellt und somit stillschweigend gutgeheissen. Damit konnte ein weiterer wichtiger Schritt zur Erdverlegung der Hochspannungsleitung im Kanton Zug gemacht werden. Das freut mich sehr.
Da der Richtplan Behördenverbindlich ist und es sich nicht um ein wirkliches Gesetz handelt, gibt es nur eine Lesung.
Die Schlussabstimmung wird mit 54:17 (ich stimme dafür) angenommen.
Nach dem Mittagessen werden die sieben Vorstösse überwiesen oder wenn ein anderer Antrag gestellt wird eben nicht.
Standesinitiative zur Sicherung der Versorgung mit Medikamenten und Wirkstoffen Es wird der Antrag auf nicht Überweisung gestellt. Ich stimme dagegen: mit 57:16 wurde der Vorstoss überwiesen, da es ein 2/3 Quorum braucht.
Postulat betreffend keine staatlich finanzierten Medientrainings für Zuger Politiker. Hier wird auch der Antrag gestellt, dieses Postulat als dringlich zu behandeln. Es wird mit 31:39 überwiesen (ich war dagegen). Mit dem gleichen Resultat wird das Postulat als nicht erheblich erklärt. Damit kann das Ratsbüro die geplanten Medientrainings durchführen.
Der Eventualantrag, dass die Teilnehmenden einen angemessenen Beitrag leisten wird mit 42:28 angenommen. Die SVP hebt in der Diskussion immer wieder hervor, dass die Eigenverantwortung wichtig sei und es keine Staatsaufgabe sei, Weiterbildungen zu finanzieren. Ich erwähne in einem spontanen Votum, dass es auch nicht Staatsaufgabe sei, den Ratsherren jeweils nach dem gemeinsamen Mittagessen den Schnaps zu bezahlen. Auch hier wäre Eigenverantwortung angebracht.
Postulat betreffend Hilfe für GeschäftsmieterInnen während der Corona-Krise: Antrag auf nicht Überweisung: Nein; 40:34 überwiesen (2/3 Quorum)
Postulat betreffend Gewerbegutscheine zur Förderung der lokalen Wirtschaft
Postulat betreffend Ausrichtung eines «Pflege-Bonus» an das Personal im Gesundheitswesen infolge der Corona-Pandemie. Antrag auf nicht überweisen: Nein, 39:35 überwiesen.
Postulat betreffend Ausgleich der Entschädigungskürzung für Arbeitnehmende, welche von Kurzarbeit wegen der Corona-Krise betroffen sind und deshalb eine Lohneinbusse erleiden. Auch hier wird der Antrag auf nicht Überweisen gestellt, welche jedoch mit 36 Neinstimmen (inkl. meiner) zu 39 wegen des Quorums abgelehnt wurde.
Am Schluss der Sitzung wird der Antrag gestellt, die nächsten beiden Sitzungen (Juni und Juli) wieder im Kantonsratssaal durchzuführen. Der Antrag wird mit 15:51 klar abgelehnt. Ich stimme ebenfalls für die Kanti, denn die Aufforderung, genügend Distanz einzuhalten wird uns noch über eine längere Zeit begleiten.
In der Zwischenzeit ist es 16.50 Uhr und die Kantonsratssitzung wird beendet. Es war eine intensive Sitzung. Der Kanton Zug wird in den nächsten Jahrzenten weiterhin mit sehr grossen Herausforderungen der Mobilitätsinfrastruktur beschäftigt sein.