Rekordüberschuss, Spenden für Unwettergeschädigte. Notizen aus dem Kantonsrat

von Alois Gössi, 8. Juli 2024

Zuger Notizen von Kantonsrat Alois Gössi. Bericht aus der Kantonsratssitzung vom 3. und 4. Juli 2024

Dreigeteilt waren die Beratungen zum Geschäftsbericht 2023.
Der erste Teil zur Rechnung mit einem Rekordergebnis von 461 Mio. Fr. stand, wie dies auch der Finanzdirektor zu seinem Leidwesen feststellte, nicht so sehr im Fokus. SP-Kantonsrat Drin Alaj führte zum Geschäftsbericht aus: «Der Kanton Zug konnte ein Jahresergebnis von unglaublichen 461,3 Millionen Franken verzeichnen. Es ist bemerkenswert, dass das letztjährige Ergebnis um rund 130 Millionen Franken übertroffen und das Budget sogar um 214 Millionen Franken überschritten wurde. Auch der Selbst­finanzierungsgrad von beeindruckenden 437,7 Prozent zeigt die solide finanzielle Basis unseres Kantons. Allerdings darf dieser finanzielle Erfolg nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin wichtige Investitionen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit sowie in der Wohnungs­problematik notwendig sind. Besonders nach den herausfordernden Jahren der COVID-19-Pandemie ist es essenziell, die Infrastruktur und Dienstleistungen in diesen Bereichen zu stärken und auszubauen. Wir müssen das Geld sinnvoll reinvestieren, damit es der einheimischen Bevölkerung zugutekommt. Es ist unerlässlich, dass wir als Gesellschaft solidarisch handeln und dafür sorgen, dass niemand vergessen wird. Nicht selten braucht es auch einen Blick über den Tellerrand – respektive über die Kantonsgrenze – hinaus». Und als meine Ergänzung: Und die Schattenseite für den finanziell sehr erfolgreichen Kanton Zug darf auch nicht vergessen werden: verfügbare und vor allem bezahlbare Wohnungen.
Und zweiten Teil, den Problemen des Direktors des Innern, führte SP-Kantonsrat Drin Alaj  aus: «weder dramatisieren noch kleinreden oder gar unter den Teppich kehren!». Regierungsrat A. Hostettler ist «zu Kreuze gekrochen» und hat bereits Massnahmen ergriffen bei den verschiedenen Problemen. Liebschaften am Arbeitsplatz gibt es viele, aber heikel kann es werden bei Direktunterstellten oder innerhalb eines Teams. Aber erschüttert hat mich in diesem Fall, dass hier noch keine Governance Regeln für «Liebschaften am Arbeitsplatz» für die gesamte Verwaltung vorhanden sind, sondern erst geschaffen werden müssen. Und die Einsicht des Finanzdirektors gegen allgemein gültige Governance Regeln fehlte hier, er ist der Meinung, dass jeder Regierungsrat / jede Regierungsrätin hier selbst «seinen / ihren den Laden im Griff» halten soll. Auch die Probleme mit «Berufungen» durch einen Direktionsvorsteher sind zu relativieren. Sofern die nötigen Qualifikationen beim Berufenen vorhanden sind und allfällige politische Rollenkonflikte gelöst sind, spricht aus meiner Sicht nichts gegen Berufungen. Aber sie dürfen nicht den Regelfall werden. Die von A. Hostettler geplanten Massnahme bei künftigen Berufungen begrüsse ich auf jeden Fall: Diese Stellen werden zusätzlich auch noch ausgeschrieben und mögliche Bewerber in den Auswahlprozess miteinbezogen.
Die SP-Fraktion stellte den von mir initialisierten Antrag, 10 Mio. Fr.  aus dem Ertragsüberschuss 2023 für die Unwetterschäden im Kanton Graubünden, Tessin und Wallis via der Glückskette zu spenden. Es ergab sich daraus: Der Rückzug unseres Antrages wegen formalen Fehlern (der Antrag hätte 16 Tage vor der KR-Sitzung eingereicht werden müssen, die Unwetterschäden fanden jedoch später statt!), ein Ordnungsantrag, drei später eingereichte Vorstösse sowie grössere Abklärungen in der Finanzdirektion. Wir wollen prinzipiell nur, dass bei hohen / sehr hohen Überschüssen ein Teil davon, hier wäre es etwa 2 % gewesen, «Benachteiligten im weitesten Sinn» zugutekommen soll. Wir sind der Überzeugung, dass der Kanton Zug vor allem jetzt, in dieser ausserordentlichen Situation, Solidarität zeigen soll. Aber wir sind zuversichtlich, dass leider mindestens nur für einen kleineren Teil unserer Forderung noch Hilfe in Sachen Unwetterschäden später noch gesprochen wird.

Das Spezielle
«Stress pur» empfand der SVP-Fraktionschef Philip C. Brunner, dass er erst am Vortag um die Mittagszeit von dem Wechsel im Präsidium bei der Kommission für Gesundheit und Soziales erfuhr. Solche Probleme hätte ich auch gerne!
Mitte-Kantonsrätin Anna Bieri: «Mit der grösstmöglichen Mehrheit» stimmte die Mitte-Fraktion einem Änderungsantrag zu. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dann bei der Abstimmung die «grösstmögliche Mehrheit» (also 100 %) dann sich doch nicht so ergab in der Mitte-Fraktion!
«Es ist alles gesagt, aber nicht von allen» von Kantonsrat Michi Arnold, der als letzter Fraktionssprecher beim Geschäftsbericht zum Zuge kam. «Fast alles wurde gesagt, aber doch nicht alles» von Kantonsrat Kurt Balmer, der nach dem Votum von Michi Arnold auch noch zum Rednerpult schritt.
«So nun komme ich zu Kantonsrat Franzini, ich schätze Dich, aber dies mit politischen Grenzen:» von H. Tännler zum Kantonsrat Franzini, der der Regierung mehr oder weniger einen schlechten Job vorwarf. Und in einem späteren Traktandum enervierte sich Regierungsrat M.Pfister sehr emotional und für seine Verhältnisse sehr laut über gemachte Aussagen /  Behauptungen / Vorwürfen von Kantonsrat Franzini, die dieser nicht belegte. Dies ist gar nicht die Art und Weise wie Regierungsrat M. Pfister Regel politisiert, aber bei diesem «Ausflippen» musste ich Regierungsrat M. Pfister wirklich recht geben.
Neben vielen anderen waren auch die Baarer Kantonsräte zur Eröffnung des Schlaufenstegs eingeladen. Ein auch für mich sehr beeindruckendes Bauwerk der Korporation Baar mit bis zu 22 Meter Höhe aus lokalem Holz. Aber bei der Begehung habe ich mich wirklich nicht wohl gefühlt wegen dieser Höhe!

Mein heutiges Abstimmungsverhalten:

  • Verschiebung der Wahl von A. Lustenberger als neuer Präsident der Kommission für Gesundheit und Soziales
    • Nein (mit 40:16 Stimmen keine Verschiebung der Wahl)
    • Für die Wahl von A. Lustenberger als Kommissionspräsident (mit 68:1 Stimmen gewählt)
  • Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege (EG FAP)
    • Schlussabstimmung: Ja (mit 67:0 Stimmen zugestimmt)
  • Änderung des Gesetzes betreffend Erwerb und Verlust des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts
    • 5 Abs. 4 und schriftliche Deutschkenntnisse mindestens auf dem Referenzniveau B1
      • Ja (mit 40:16 Stimmen abgelehnt)
    • 8 Abs. 1 Minderjährige können frühestens nach dem vollendeten 16. Altersjahr ein eigenständiges Gesuch um Einbürgerung stellen: Streichungsantrag beim Absatz 1 resp. Änderungsantrag beim Absatz 2 (neu mit Minderjährigen werden im Einbürgerungsverfahren durch ihre gesetzlichen Vertreter oder ihren gesetzlichen Vertreter vertreten)
      • Ja (Streichungsantrag/Änderungsantrag mit 52:17 Stimmen abgelehnt)
    • 8 Abs. 3
      • Für den Antrag von A. Bieri etc. (mit 38:33 Stimmen gegen den Antrag der vorberatenden Kommission)
    • 8 Abs. 3
      • Für den Antrag von A. Bieri etc. (mit 38:34 Stimmen gegen den Artikel aus der 1. Lesung
      • Antrag 1. Lesung: 34
    • 8 Abs. 4 Dreifachabstimmung
      • Antrag vorberatende Kommission: 3
      • Antrag A. Bieri etc.: 35 (inkl. meiner Stimme), absolutes Mehr erreicht
      • Antrag K. Balmer: 31
    • 8 Abs. 3 und 4 Streichungsantrag
      • Ja (mit 42 zu 21 Stimmen gestrichen
    • 8 Gegenüberstellung bereinigter §8 gegenüber dem geltenden Recht
      • Für die Beibehaltung des geltenden Rechts (mit 19:54 Beibehaltung geltendes Recht abgelehnt)
    • Schlussabstimmung
      • Nein (mit 53:20 zugestimmt in der Schlussabstimmung)

 

  • Geschäftsbericht 2023
    • Ordnungsantrag, dass jetzt endlich abgestimmt werden kann über die Anträge zur Verteilung des Ertragsüberschusses:
      • ?? (mit 37:25 Stimmen angenommen)
    • Für 40 Mio. Fr. zugunsten von Wohnbauförderungsmassnahmen im Kanton Zug
      • Ja (mit 55:16 Stimmen abgelehnt)
    • Für 10 Mio. Fr. zugunsten des World Food Programms der UNO im Tschad
      • Ja (mit 55:16 Stimmen abgelehnt)
    • Erledigt abschreiben der Berichts-Motion des Büros des Kantonsrats betreffend den Umgang des Kantons Zug mit der Bewältigung der COVID-19-Krise vom 2. Juli 2020
      • Nein (mit 39:27 Stimmen wurde die Berichts-Motion als erledigt abgeschrieben)
    • Berichtsmotion betreffend Gerichtsanalyse und Anpassungsbedarf der Organisation der Zuger Justiz an zukünftige Herausforderungen
      • Fristerstreckung bis zum 31.12.2024 oder bis zum 3. Mai 2025
        • Bis zum 31.12.2024 (mit 45:21 Stimmen Fristerstreckung bis zum 31.5.2025)
      • Kantonsratsbeschluss betreffend Freigabe eines Objektkredites für das Projekt «Ersatz Bereichsrechner Lichtsignalanlagen»
        • Schlussabstimmung: Ja (mit 63:0 Stimmen angenommen)
      • Kantonsratsbeschluss betreffend diversen Anpassungen des kantonalen Richtplans
        • 1 Gebiet Wyden, Unteräger
          • Für die Beibehaltung des geltenden Rechts (mit 51:17 Anpassung vorgenommen)
        • 8.3.5 Ergänzung mit sind in Abstimmungen mit den Gemeinden zu sichern zu definieren
          • Nein (mit 35:31 Ergänzungsantrag abgelehnt)
        • Schlussabstimung: Ja (mit 71:0 Stimmen angenommen)
      • Postulat betreffend Planung und Sicherstellung der zukünftigen Arbeitszonen im Kanton Zug
        • Für eine Erheblicherklärung und als erledigt abgeschrieben (aber mit 1:69 Stimmung nur erheblich erklärt) (und meine Stimme war keine Proteststimme, sondern ich habe es zeitlich nicht geschafft, mein Ja zu löschen und eine Korrektur vorzunehmen)
      • Postulat betreffend Verbesserung der Realisierung von Photovoltaikanlagen bei denkmalgeschützten Häusern im Kanton Zug
        • Erheblich erklären und als erledigt abschreiben (mit 63:1 Stimmen erheblich erklärt und abgeschrieben gegenüber eine reine Erheblicherklärung)
      • Motion betreffend Nutzung des Fachkräftepotentials von geflüchteten Menschen
        • Für eine Erheblicherklärung (mit 45:15 Stimmen nicht erheblich erklärt)
      • Postulat betreffend Standards für den Veloverkehr im Kanton Zug
        • Gegen eine Erheblicherklärung (mit 42:24 Stimmen nicht erheblich erklärt)
Alois Gössi

Alois Gössi