Kiesabbau, Ladenöffnungszeiten und “klatschen reicht nicht mehr”

1. November 2020

Bericht zur Kantonsratssitzung vom 29. Oktober 2020

Das Ladenöffnungsgesetz wurde in der 2. Lesung nochmals diskutiert. Neue Argumente wurden nicht vorgebracht. Eine unnötige Diskussion verursachte der Sprecher der FDP, da er forderte, dass der Verfahrensablauf geändert werden soll. In der Zuger Verfassung ist klar aufgeführt, dass bei Volksinitiativen der Kantonsrat die Initiative bespricht und er kann einen Gegenvorschlag dem Volk unterbreiten (siehe unter Kantonsverfassung § 35* Abs. 6). Nun wollte die FDP zuerst über den Gegenvorschlag der Regierung resp. ihren Antrag abstimmen und erst dann über die Initiative. Für mich und 40 andere Kantonsrätinnen und Kantonsräte war dieses Vorgehen gesetzeswidrig und deshalb nicht möglich. Wenn wir in Zukunft immer solche Diskussionen über «Selbstverständlichkeiten» oder klare gesetzliche Vorgaben diskutieren müssen, hat dies nichts mit einer effizienten Ratsarbeit (siehe auch Überweisung von Vorstössen) zu tun.
Der Rat lehnt die Gesetzesinitiative (die Landenöffnungszeiten könnten um eine Stunde verlängert werden) mit 46:26 ab.
Ebenfalls wird der Gegenvorschlag (keine Vorgaben zwischen 5 und 23 Uhr) mit 40:33 abgelehnt.
Damit kommt im Verlauf des Frühlings 2021 nur die Initiative vors Volk.
Ich stimmt beide Male gegen die Erweiterung, denn nur schon eine Stunde mehr, bedeutet für die Angestellten erst nach 20 Uhr Feierabend.

Kantonsratsbeschluss betreffend Beitritt zur Interkantonalen Universitätsvereinbarung über die Beiträge an Ausbildungskosten von universitären Hochschulen.
2. Lesung, keine Anträge: Schlussabstimmung mit 66:2 angenommen.

Kantonsratsbeschluss betreffend die Aufhebung der Genehmigung der Kündigung der Vereinbarung über den Ausbau und Betrieb der Interkantonalen Försterschule Maienfeld durch den Kanton Zug und über den Widerruf der Kündigung bzw. den Wiederbeitritt zur Vereinbarung.
2. Lesung, keine Anträge: Schlussabstimmung mit 66:2 angenommen

Oberaufsichtsbeschwerde betreffend Aufsicht und Kontrolle der Staatsanwaltschaft durch das Obergericht. Ein Bürger aus Zug beschwerte sich über die Arbeitsweise und Entscheide der Staatsanwaltschaft und des Obergerichts. Da bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt und sich die Justizprüfungskommission (JPK) den inneren Vorgang, sprich über Entscheide nicht prüfen darf (Gewaltentrennung), beantragte die JPK der Beschwerde teilweise nicht Folge zu leisten.
Die in der Beschwerde aufgeführten Fragen betreffend Einsatz von Springer*innen (Einsatz von Gerichtsscheibenden an verschiedenen Stellen) und ob es richtig sei, dass das Obergericht die Staatsanwälte wählt und gleichzeitig auch die Oberaufsicht über die Staatsanwaltschaft hat, wurde im Kantonsrat schon mehrmals diskutiert. Die engere JPK diskutierte diese Fragen erneut und kam zum Schluss, dass es keine andere sinnvolle Alternative geben würde.
Es wurde kein anderer Antrag aus dem Kantonsrat gestellt und deshalb stillschweigend erledigt.

Petition «Forderungen der Pflegefachfrauen der Spitalexternen Pflege des Kantons Zug»
Dieses Geschäft wurde von der engeren JPK vorbesprochen und sie lehnt die Forderungen ab, da es um eine private Organisation handelt und der Kanton der falsche Adressat ist. Wenn wir als Parlament diese Petition annehmen, wird sie wie eine Motion behandelt und der Regierungsrat muss Vorschläge unterbreiten. Da für mich das berechtigte Anliegen aber nicht nur für die Angestellten der Spitex betrifft, sondern alle Angestellten in den Pflegeberufen, muss ein Zeichen gesetzt werden. Klatschen alleine nützt nichts!!
Die Petition wird mit 40:30 abgelehnt, gegen meinen Willen. Gleichzeitig verfassen wir ein Postulat, welches wir postwendend einreichen. Wir fordern massive Verbesserungen im Arbeitsbereich der Pflegeberufe. Auch die ALG reichen ein Postulat ein. Hier ist das Schlusswort noch nicht gesprochen.

Kantonsratsbeschluss betreffend Anpassung des kantonalen Richtplans 19/1 (L4 Wald, L8 Gewässer, E11 Abbau Steine und Erden)
Bereits im Vorfeld wurde in den Medien aber auch durch Lobbybriefen auf dieses heisse Thema aufmerksam gemacht. Dabei geht es vor allem um den letzten Punkt: Abbau von Steinen und Erden.
Die Frage, ob in Zukunft die Waldgrenze statisch oder wie bisher dynamisch erfasst werden soll, gab keine Diskussion.
Bei der Ausscheidung des Gewässerraums wurde beantragt, dass nicht nur diejenigen Gewässer, welche auf der Landeskarte 1:25’000 erfasst sind, sondern auch kleinere Gewässer aufgeführt werden müssen. Dies würde den Gemeinden aber auch den Bauherren mehr Sicherheit geben. Der Antrag, dass auch kleinere Gewässer erfasst werden, wird mit 53:22 (ich stimmte dafür) abgelehnt.
Beim Abbau von Steinen und Erden geht es um den Kiesabbau in Cham, Hatwil. Selbst die vorberatende Kommission für Raum, Umwelt und Verkehr war gespalten. Nur mit dem Stichentscheid des Präsidenten wurde der Vorschlag der Regierung angenommen. Deshalb verfasste die Kommissionsminderheit einen eigenen Bericht, was in den letzten Jahren eher selten war. Der Anstoss des Steins ist, ob das Abbaugebiet in Hatwil im Richtplan weiterhin im Zwischenergebnis bleiben soll oder ob es Festgesetzt wird. Beim Zwischenergebnis könnte noch keine Vorbereitungen für die Ausbeutung angepackt werden. Bei einer Festsetzung dürfte der Kiesgrubenbesitzer (sprich Risi AG) die nötigen Abklärungen und Vorarbeiten einleiten wie Umweltverträglichkeitsprüfung, Abbaugesuch etc. Dies würde dann zum Abbau führen.
Die grosse Diskussion entstand, ob die Zahlen, welche das Kieskonzept aus dem Jahr 2008 liefert, noch richtig sind oder nicht. Selbst die Baudirektion musste zwei relevante Zahlen korrigieren. Die benötigte Fläche für den Abbau wurde von 35 ha auf 60 ha erweitert. Dies bedeutet einen riesigen Verlust von bestem Kulturland. Dann wurde die Mächtigkeit (das Volumen des möglichen Kieses) von 10 Mio. m3 auf 7.4 Mio. m3 reduziert. Also mehr Fläche, weniger Kies. Der Chamer Gemeinderat beauftragte ein unabhängiges Institut eine Studie zu den ökologischen Folgen bei einem Abbau zu verfassen. Darin wird aufgezeigt, dass das Grundwasser und das Trinkwasser (speziell für das Kloster Frauental) massiv beeinträchtigt würde.
All diese Faktoren sprachen für mich dafür, dass der Abbau weiterhin im Zwischenergebnis bleiben muss und der Kanton ein neues Kieskonzept (inkl. umsetzbaren Alternativen wie Recycling etc.) oder eine entsprechende Aktualisierung machen müsste.
Selbst die Frage, was geschieht, wenn diese letzte Kiesreserve des Kantons Zug aufgebraucht ist, wurde von der Regierung oder den sofortigen Abbaubefürworter in der Debatte nicht beantwortet. Wenn dieser Kies weg ist, dann haben unsere nächsten Generationen ein grosses Problem.
Nebst dem Abbau ist auch die ganze Problematik des Deponievolumens ein wichtiger Faktor. Der Kanton Zug hat in 20 Jahren ebenfalls keine Deponieplätze für sauberen Aushub mehr. Mit der jetzigen Bautätigkeit (auch immer tiefer) müssen jedoch entsprechende Deponien zur Verfügung stehen. Auch dazu bin ich der Meinung, muss die Baudirektion resp. der Regierungsrat Alternativen erarbeiten.
Eintreten auf dieses Geschäft war unbestritten und in der Detailberatung wurden die unterschiedlichsten Argumente, Zahlen und Fakten hin und her geboten.

Es wurden noch zwei Anträge betreffend Ausbeute gestellt.
Die Ausbeutung soll nur 300’000 m3 anstatt 400’000 m3 (wird mit 52:22 abgelehnt) betragen und jährlich bis ins Jahr 2034 350’000 und ab 2035 max. 250’000 m3 (wird mit 21:53 abgelehnt) festgelegt werden.
Ebenfalls wird beantragt, dass der Kiesbericht bereits im Jahr 2023 und nicht erst im Jahr 2028 vorliegen muss. Dieser Antrag wird mit 49:25 abgelehnt (ich stimmte dem Antrag zu).
Weiter wird der Antrag gestellt, dass eine Koordination betreffend Kiesabbau und Deponievolumen mit den angrenzenden Kantonen erfolgen müsse. Ich stimme diesem Anliegen zu, es wird mit 35:38 abgelehnt.
Zum Schluss wurde noch der Antrag gestellt, den Zwischentitel (Abbau Steine und Erden) anzupassen, da es auch um Deponien (für sauberen Aushub) gehen würde. Dieses Begehren wird mit 58:17 abgelehnt.
Als Schlussbouquet wird darüber abgestimmt, ob Zwischenergebnis oder Festsetzung: mit 39:34 wird das Gebiet festgesetzt. Ich stimme für das Zwischenergebnis, auch als Verantwortung für die nächsten Generationen.
Bei der Schlussabstimmung stimme ich nein, diese wird jedoch mit 42:29 angenommen.  

Überweisen von neuen Vorstössen:

Motion betreffend Massnahmen für einen effizienten Ratsbetrieb. Ich stelle im Namen der SP den Antrag, diese Motion nicht zu überweisen, da aus unserer Sicht ein Parlament nicht als erste Aufgabe hat, effizient zu sein. Weiter werden in der Begründung nicht korrekte Aussagen gemacht. Auch die Frage, wer bestimmt denn was effizient ist, kann dazu führen, dass Minderheiten ausgeschlossen werden. Eine Nichtüberweisung benötigt eine 2/3 Mehrheit, was mit 54:15 Stimmen nicht erreicht wird. Die Motion geht ans Büro des Kantonsrates zu Bericht und Antrag.

Motion betreffend klimaneutraler öffentlicher Verkehr im Kanton Zug

Motion betreffend Übertragung der Zuständigkeit für generelle Massnahmen gemäss Epidemiengesetz von der Regierung an das Parlament unter Aufhebung der von der Regierung beschlossenen generellen Massnahmen (z.B. Maskenpflicht)
Auch hier wird von der SP der Antrag auf nicht überweisen gestellt und als Eventualantrag die Motion als nicht dringlich und nicht sofort als erheblich zu erklären gestellt.
Antrag auf Nichtüberweisen wird mit 20:53 abgelehnt (Quorum von 2/3 nicht erreicht).
Die Motionäre ziehen den Antrag auf dringlich zurück, möchten aber eine verkürzte Zeit (bis Ende März 2021) bis die Regierung den Bericht und Antrag machen muss. Dieser Antrag wird mit 54:18 abgelehnt.
Grundsätzlich kann man über das Epidemiengesetz sicher diskutieren. Aber wenn ich mir vorstelle, dass dann 80 Gesundheitsexperten entscheiden müssen, welche Massnahme umgesetzt werden muss und weiter bedenke, dass solche Massnahmen unverzüglich eingeführt werden müssten, sehe ich das Parlament als absolute falsches Gremium für die Bekämpfung von Epidemien oder Pandemien.

Postulat betreffend Aufhebung der Maskenpflicht im Kanton Zug.
Auch hier stellen wir den Antrag, dieses Postulat nicht zu überweisen. Unser Antrag wird mit 52:17 angenommen.
Der Vertreter der Postulanten macht sich über den Gesundheitsdirektor und über BR Berset lustig, und findet der GD sehe aus wie ein Frosch. Er wird von der Kantonsratspräsidentin aufgefordert, sich für die Äusserung gegenüber Martin Pfister zu entschuldigen. Was der Vertreter der SVP explizit verweigert.

Interpellation betreffend Kantonsstrasse 381 Oberägeri – Morgarten

Interpellation betreffend automatische externe Defibrillatoren (AED) im Kanton Zug

Zu «später» Stunde, kurz vor 17 Uhr wird noch die Interpellation betreffend vergiftete Kinder rund um Glencore Minen in Peru diskutiert. In meinem Votum moniere ich die teilweise plakativen und oberflächlichen Antworten der Regierung. Es ist mir durchaus bewusst, dass für die Zuger Regierung es schwierig ist, hier konkrete Antworten zu finden. Aber, dass es geht, zeigte sie bei der Beantwortung auf unsere Interpellation betreffend wirksames Vorgehen gegen internationale Wirtschaftsdelikte. Ein Teil der bürgerlichen Votanten äusserten sich dahin, dass es ja typisch sei, dass die Linken und insbesondere die ALG erneut gegen die Glencore schiessen würden. Leider ist es aber so, dass im speziellen die Glencore immer wieder in den Medien erscheint und sie für den Kanton Zug ein erhebliches Reputationsrisiko darstellt.

Die detaillierten Abstimmungsergebnisse können nach ca. 3-4 Arbeitstagen unter https://www.zg.ch/behoerden/kr/abstimmungsergebnisse-kantonsrat abgerufen werden.