Erneut traf sich der Kantonsrat in der Dreifachturnhalle der Kantonsschule in Zug. Da ein heisser Tag (Aussentemperatur und Traktandenliste) angesagt war, erwies sich dieser Entscheid im Verlauf des Tages als sehr nützlich.
Der Tag war geprägt von der Debatte um GELD. Einerseits wurde darüber diskutiert, wie die Verwaltung und der Regierungsrat im letzten Jahr die Einnahmen und Ausgaben verwaltete. Anderseits ging es darum wo und wie Geld für die Menschen, die Wirtschaft und das Gewerbe eingesetzt werden soll, welche unter der COVID-19-Krise leiden und litten.
Das Wort, welches sonst eher selten während den Kantonsratsdebatten zu hören ist, schien an diesem Donnerstag wichtig zu sein. SOLIDARITÄT. Ich komme später noch darauf zurück.
Die Traktandenliste war wie bereits an der letzten Sitzung sehr gut bestückt. Nebst 9 neuen Vorstössen waren 41 ordentliche Geschäfte aufgeführt. Behandelt wurden nebst den neuen Vorstössen 21 weitere Geschäfte.
Geschäftsbericht 2019
Dem Kanton Zug geht es hervorragend (schon fast unanständig gut). Mit einem Überschuss von 175.4 Mio. Franken wurde das Budget um 204.9 Mio. Franken übertroffen. Selbstverständlich konnten der Regierungsrat und insbesondere der Finanzdirektor diese Abweichungen begründen. Bei ausserordentlichen Steuereinnahmen kann ich eine gewisse Differenz verstehen (zuziehende Personen und Firmen, höhere Ausschüttung der Nationalbank). Bei den Investitionen sehe ich dies weniger. Wurden Projekte budgetiert, welche noch gar nicht umsetzbar waren oder hat die Verwaltung zu wenig Personal um die nötigen Aufgaben zu erfüllen?
Eine effektive Diskussion zum Bericht und zur Rechnung wird nicht geführt. Drei Themen wurden angesprochen: Überzeit- und Ferienberechnung der Verwaltungsangestellten; Begleitung von arbeitslosen Menschen, welche über 50 Jahre alt sind und wieder in den Arbeitsprozess einsteigen wollen sowie Lohnklagen von ehemaligen Mitarbeitenden, welche noch nicht erledigt waren.
Bei der Aussicht auf das Steuerjahr 2020 spricht der Finanzdirektor von einem «Knallererfolg». Die Marke von 200 Mio. Franken würde erreicht oder überschritten.
Selbstverständlich wurde somit auch die Frage gestellt, was geschieht mit all diesem Geld. Soll sich der Kanton Zug auch ein bisschen solidarisch zeigen? Der Antrag 1 Mio. Franken der Glückskette für Menschen, welche schwer von der COVID-19-Krise getroffen wurden zu spenden, wurde von der Regierung und der Mehrheit des Kantonsrates mit 45:19 klar abgelehnt.
Der Regierungsrat erarbeitet ein neues Projekt, in welches er rund 100 Mio. Franken investieren will. Es sollen Themen berücksichtigt werden, welche den Kanton Zug weiterbringen soll (siehe Kanton Zug investiert mit «Zug+» strategisch in die Zukunft, Link: https://www.zg.ch/behoerden/finanzdirektion/direktionssekretariat/aktuell/kanton-zug-investiert-mit-zug-strategisch-in-die-zukunft )
Unter dem Sammeltraktandum (Geschäfte betreffend die Bewältigung des Coronavirus) werden folgende Geschäfte behandelt. Dabei sollte eine gemeinsame Übersichtseintretensdebatte geführt werden. Dieser Versuch der Ratspräsidentin zeigte jedoch keinen Erfolg. Es wurde hauptsächlich über den Steuerfuss gesprochen, teilweise bereits so ausführlich wie in einer Detailberatung.
Änderung des Steuergesetzes: Massnahmen zur Bewältigung des Coronavirus: Senkung des Kantonssteuerfusses von 82 Prozent auf 80 Prozent für die Steuerjahre 2021-2023, Erhöhung der persönlichen Abzüge (dauerhaft), Ausbau und Vereinfachung des Mieterabzuges (dauerhaft)
Dieses Traktandum war an diesem Tag sicher eines der wichtigsten. Es ging darum ob der Steuerfuss (wegen der Coronakrise) während 3 Jahren (2021-23) von 82% auf 80% gesenkt werden soll. Weiter sollen die persönlichen Abzüge unbefristet verdoppelt werden. Die Mietzinsabzüge sollen vereinfacht und auf max. CHF 10’000 erhöht werden. Diese beiden Abzüge sollen entgegen der Steuerfusssenkung nicht befristet werden. Die Stawiko (Staatswirtschaftskommission) entschied jedoch, dass auch diese beiden Abzüge befristet werden sollen, denn es sei mit dem Argument der Coronakrise nicht nachvollziehbar, eine unbefristete Erhöhung zu verlangen.
In der Debatte zum Steuerfuss wird viel von Solidarität gesprochen. Es wird mehrmals erwähnt, dass auch eine Pflicht zur Solidarität gegenüber den gut bis sehr gut Verdienenden gezeigt werden müsse, es seien ja diese Personen und Firmen, welche den Wohlstand des Kantons finanzieren würden. Was mich erstaunt hat, war, dass der lapidare Spruch: «Wenn es diesen gut geht, geht es auch allen anderen gut» nicht gefallen ist. Die reichen Firmen und Personen leben oft von anderen Menschen ob dies als Mitarbeitende oder Mietende sind, spielt dabei keine grosse Rolle. Niemand kann einfach reich sein. Es gibt immer einen Gegenpart der oder die den Reichtum «ermöglicht».
Es wird der Antrag auf nicht eintreten gestellt, welcher mit 53.19 abgelehnt wurde. Für mich war nicht eintreten sinnvoll, so wäre der Steuerfuss bei 82% beibehalten worden., denn es bestand die Gefahr, dass der Steuerfuss noch weiter gesenkt werden könnte.
Die Detailberatung gestaltete sich ebenfalls um die Höhe der entsprechenden Abgaben.
Wir (SP und ALG) beantragten für die Jahre 2021 bis 2023 einen Steuerfuss von 82%. Wie zu erwarten war, wurde diese Idee mit 53:19 abgelehnt.
Weiter wollten wir an Stelle von Steuersenkungen eine Steuergutschrift für alle zahlenden Steuersubjekte. Wir sind der Meinung, dass es gerechter ist, wenn alle diejenigen, welche Steuern zahlen eine Gutschrift von CHF 300 erhalten würden. Der Antrag wurde mit 51:21 abgelehnt.
Beim persönlichen Abzug schwenkte der Regierungsrat auf die Vorlage der Stawiko ein. Sodass hier keine Abstimmung stattfand.
Der Abzug für den Mietzins der selbstbewohnten Wohnung soll vereinfacht werden und bis zu einem Maximalbetrag von CHF 10’000 möglich werden. Dieser Abzug soll unbefristet möglich sein, was mit 40:33 angenommen wurde. Ich war dagegen, da bei den Gemeinden keine seriöse Vernehmlassung durchgeführt wurde und einfach unter dem Deckmantel Corona eine Steuergesetzrevision durchzuführen ist nicht demokratietauglich.
Kantonsratsbeschluss betreffend Genehmigung vorgezogener Budgetkredite 2021- 2023 für die individuelle Prämienverbilligung (IPV) in der Krankenkassenversicherung. Bei diesem Geschäft geht es darum, dass in den Budgetprozessen der Jahre 2021 bis 2023 jeweils die Kosten für die IPV bei Bedarf aufgestockt werden kann, ohne dass der Kantonsrat dies verhindern kann. Es ist eine reine Absichtserklärung und das Abholen eines Versprechens.
Weitere Geschäfte im Zusammenhang mit Corona, welche wenig bis keine Diskussion im Rat auslöste:
- Kantonsratsbeschluss betreffend Errichtung eines Epidemie-und Pandemiefonds
- Kantonsratsbeschluss betreffend Kreditausfallgarantie zugunsten der Zuger Kantonalbank und weiteren Banken im Kanton Zug in Folge des Coronavirus
- Kantonsratsbeschluss betreffend Bürgschaft zur Sicherung von Bankkrediten an qualifizierte Startup-Unternehmen
- Kantonsratsbeschluss betreffend Nachtragskredit Nr. 1 zum Budget 2020 im Zusammenhang mit COVID-19 (Stützungsfonds; Kredit für die kantonale Verwaltung und die Gerichte)
Viele parlamentarische Vorstösse wurden im Zusammenhang mit dem Coronavirus eingereicht. Der Rat entschied in der Maisitzung, dass all diese Vorstösse von der erweiterten Stawiko behandelt und dann gemeinsam besprochen werden sollen. Da einige Forderungen bereits von der Regierung erfüllt wurden, konnten vier Anliegen als erheblich erklärt und gleichzeitig abgeschrieben werden.
- Postulat betreffend Überbrückungskredite für lokale Unternehmen, welche unter der Corona-Krise besonders leiden
- Postulat betreffend Anlaufstelle für Zuger Unternehmen und Selbständigerwerbende
- Postulat betreffend Stärkung der Liquidität der Unternehmen und Selbständigerwerbenden
- Postulat betreffend unbürokratische Unterstützung für Kleingewerbler und Selbständige
Das Postulat betreffend Hilfe für GeschäftsmieterInnen während der Corona-Krise wird mit 52:14 nicht erheblich erklärt. Für mich wäre dies eine Möglichkeit gewesen, betroffenen direkt zu helfen, denn der Bund wird sicher nicht vor der Herbstsession einen Entscheid treffen. Was bis dann sein wird, steht auf einem anderen Blatt.
Gleich ging es der Forderung im Postulat betreffend Gewerbegutscheine zur Förderung der lokalen Wirtschaft. Die Regierung und die Stawiko beantragten nicht erheblich Erklärung, der Rat folgte mit 49:16. Wir sind der Meinung, dass Gutscheine eine hilfreiche Unterstützung bedeuten könnte. Das Hauptargument dagegen war, dass Gutscheine nichts bringen würden und teuer bei der Ausgestaltung wären. Nur die Leitung des ESAF stellte der Quartierbevölkerung ebenfalls Gutscheine aus und machte damit sehr gute Erfahrungen.
Einmal mehr zeigt sich, dass in der Politik die Argumentationsketten sehr unterschiedlich interpretiert werden können.
Nicht nur «klatschen» sondern auch eine finanzielle Anerkennung wollte das Postulat betreffend Ausrichten eines «Pflege-Bonus» an das Personal im Gesundheitswesen infolge der Corona-Pandemie. Die Idee finde ich sympathisch, greift jedoch einfach zu kurz. Was ist mit all den Menschen, welche ebenfalls einen belastenden zusätzlichen Einsatz hinlegen mussten wie Polizei, Mitarbeitende im Verkauf, der Logistik? Der Antrag auf erheblich erklären wurde mit 47:16 abgelehnt
Ebenfalls keine Chance hatte das Postulat betreffend Ausgleich der Entschädigungskürzung für Arbeitnehmende, welche von Kurzarbeit wegen der Corona-Krise betroffen sind und deshalb eine Lohneinbusse erleiden. Hier wurde das Hohelied der Eigenverantwortung und der Idee «Alle müssen den Gürtel enger schnallen» einmal mehr bemüht. Die Regierung konnte nicht einmal erklären, wie viele Personen diese Hilfe in Anspruch genommen hätten, denn unsere Forderung war mit einer Einkommensgrenze (5’000 Franken netto für Einzelpersonen und 7’000 Franken für Mehrpersonen) gedeckelt. Der Mehrheit des Kantonsrates zeigte hier deutlich, was er unter Solidarität versteht. Wenn die Bibel zitiert werden soll steht unter dem Matthäus-Effekt:
Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden (Luther-Bibel).
Nach dem Mittagessen wurden folgende Vorstösse überwiesen:
- Motion betreffend 2. Lesung bei Standesinitiativen
- Motion betreffend sofortiger Unterstützung von Startup-Unternehmen im Kanton Zug
Antrag auf nicht Überweisung: Nein 48:20 überwiesen - Motion betreffend Standesinitiative für ein Moratorium bei der Einführung der 5G-Technologie in der Schweiz
Antrag auf nicht Überweisung: Nein: (2/3) 39:33 überwiesen
Antrag sofortiger Behandlung der Motion: Ja, (2/3) 16:55 keine sofortige - Postulat betreffend (Wieder-)Einrichtung eines «aktiven» geschützten Spitals Baar Postulat betreffend durchgehende beidseitige Radstreifenmarkierung zwischen Cham, Hünenberg See und Holzhäusern
- Postulat betreffend Strategie zum digitalen Kantonsrat
Antrag auf nicht Überweisung: Nein; 54:19 überwiesen an Kantonsratsbüro (da ist der RR nicht zuständig) - Interpellation betreffend der schlechten Erkennbarkeit von Fahrbahnmarkierungen auf Kantonsstrassen
- Interpellation betreffend Wohnraumförderung
- Interpellation betreffend Sanierung Theilerhaus und Anforderungen im Planverfahren
Die Abstimmungsdetails können unter https://www.zg.ch/behoerden/kr/abstimmungsergebnisse-kantonsrat jeweils nach ca. drei bis vier Arbeitstagen nach der Sitzung angeschaut werden.
Die nächste Kantonsratssitzung findet bereits am Donnerstag, 2. Juli 2020 statt.