Fair-Food-Initiative: Ja zu Tier- und Artenschutz

16. September 2018

Für die Fair-Food-Initiative spricht meines Erachtens ihr klarer Fokus auf Tierschutz, transparente Deklaration und die Tatsache, dass sie auch Massnahmen gegen den Berg an weggeworfenen und verschwendeten Nahrungsmitteln – Food Waste – anregt. Protektionismus zur Erhaltung überholter Produktionsmethoden wäre dagegen der falsche Weg. Denn eine sinnvolle Liberalisierung ermöglicht auch den von Kleinbäuerinnen und -bauern im globalen Süden und den in anderen Ländern mit umweltverträglichen Methoden erzeugten landwirtschaftlichen Gütern den Weg in die Schweizer Haushalte. Eine komplette oder auch schon weitgehende Autarkie ist illusionär – nicht nur, aber auch, wenn man auch die häufig ausländische Futtermittelproduktion in die hiesige landwirtschaftliche Eigenproduktionsbilanz mit einrechnen würde. Zudem weisen manche im Ausland unter optimalen Bedingungen (Boden, Klima, Fläche) gewonnene Agrargüter manchmal einfach die bessere Gesamtökobilanz auf, als wenn mit erheblichem Dünger, Herbizid- und Energieeinsatz hierzulande produziert werden. Nicht zuletzt erweitert dies das Wahlspektrum – und wirkt einem Einkaufstourismus über die Grenze entgegen.

Seit den späten 1980er-Jahren haben in der Schweiz tier- und umweltfreundlichere Anbau- und Betriebsmethoden stark an Gewicht gewonnen, einerseits parallel zu einer stärkeren Marktorientierung der Landwirtschaft, anderseits mit dem Eingeständnis, dass heutige Landwirtinnen und Landwirte auch arten- und landschaftsschützerische Aufgaben erfüllen. Entsprechende gesetzliche Vorschriften und Massnahmen haben gewirkt. Das zeigt sich an der heutigen, ungleich besseren Qualität des Zugersee-Wassers im Vergleich zu vor vierzig Jahren. Statt einen Verbindungsstollen mit dem Vierwaldstättersee für die Frischwasserzufuhr zu bauen, forderte in den späten 1980ern eine  Interessensgemeinschaft von Personen die Umstellung auf biologischen Landbau. Mit erfreulichem Resultat: Im Kanton Zug produzieren bereits über 16 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe nach anerkannten biologischen Richtlinien. Heute sind die Bio-Methoden auch an der LBBZ Schluechthof Cham fest verankert.

Die Landwirtschaft hat  viel erreicht, aber doch noch immer Nachholbedarf, wenn es um Arten- und Tierschutz geht. Und auch Biolandbau ist noch keine Garantie für Artenvielfalt – nicht nur, weil der Bio-Anteil schweizweit mit gut 13 Prozent noch zu tief ist. Sondern auch, weil auch im Biolandbau oft zu intensiv produziert wird. Das Kernproblem: Der schwindende Anteil an Biodiversitätsflächen nicht nur im Mittelland, sondern immer weiter hinauf. Die schönsten Hecken nützen nichts, wenn sie isoliert für sich stehen und weder Brutvögeln noch Feldhasen noch anderen Kleintieren einen verbundenen Lebens- und Wanderraum bieten können. Der Schweizerische Bauernverband will deshalb die Vernetzung der Biodiversitätsflächen fördern. Wenn die Fair-Food-Initiative einen Beitrag dazu  leisten kann, dann lohnt sich ein Ja auf alle Fälle. Ich bin auch zuversichtlich, dass Bundesrat und Parlament den Initiativtext interpretieren und bei der Umsetzung  einen Weg finden, um nicht gegen internationale Abkommen und Handelsverträge zu verstossen. Interpretationsspielraum besteht schliesslich bei jedem Volksbegehren.

Ein Ja zur Fair-Food-Initiative!

Barbara Gysel, Regierungsratskandidatin und Kantonsrätin, SP