«An ihren Taten sollt ihr sie erkennen»

9. Mai 2017

„Nicht von ungefähr erscheint unser Kanton in vielen nationalen Qualitätsvergleichen im Spitzenfeld.“ Dieses regierungsrätliche Schulterklopfen bei der jüngsten Bekanntgabe des Rechnungsabschlusses 2016 ist nicht von der Hand zu weisen. Aber es gibt eine Kehrseite der Medaille. Zug hat durchschnittlich die allerhöchsten Mietpreise der Schweiz. Gleichzeitig können sich BewohnerInnen in fast allen anderen Kantonen eher Eigentum leisten als bei uns: bei der Wohneigentumsquote sind wir gerade mal auf dem 21. Platz aller 26 Kantone. Das belegen die brandaktuellen Auswertungen des Bundesamts für Statistik von Ende März. Das frei verfügbare Einkommen – also was einem Haushalt am Ende des Monats im Portmonee übrig bleibt –, ist in Zug bekanntlich seit längerem im Keller. Trotz tiefen Steuern befinden wir uns im Kantonsvergleich erneut gerade mal auf dem 19. Rang.

Der Regierungsrat täte also gut daran, Zugs Attraktivität nicht einseitig, sondern auch für Nichtreiche zu fördern. Schliesslich lautet die modische Maxime zwar „Wirtschaft gegen soziale Demokratie“, aber eigentlich entspringt das der Mottenkiste der Ökonomie. Das Mantra taucht bei (Neo-)Liberalen regelmässig auf, von economiesuisse über die Finanzverwaltungen bis zur Politik. Auch das Gutachten des Sanktgaller Ökonomen Christian Keuschnigg im Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung «Ein zukunfts- und wachstumsorientiertes Steuersystem für die Schweiz» beschäftigt sich mit «Effizienz versus Verteilung». Diese Losung gehörte eigentlich ins Reich der Mythen. Eine Studie vom Februar 2014 fand nämlich heraus: Je gleichmässiger das Einkommen in einer Gesellschaft verteilt ist, desto stärker wächst die Wirtschaft über die folgenden zehn Jahre! Dieser interessante Befund stammt vom „turboliberalen“ Internationalen Währungsfonds. Die IWF-Ökonomen schreiben, die «entstandene Verkleinerung der Ungleichheit hat geholfen, ein schnelleres und länger anhaltendes Wachstum zu unterstützen.» Ergo: Eine Umverteilung von Vermögen und Einkommen macht in einer Gesellschaft Sinn, auch wirtschaftlich. Die gebetsmühlenartig wiederholte Bevorzugung der Ungleichheit zugunsten der Freiheit setzt falsche Zeichen; die Gleichsetzung Markt = Freiheit = Wachstum = Wohlstand ist veraltet. Wer in der Politik stattdessen ökonomisch längerfristig klug handelt, sorgt für einen ausgeglichenen sozialen Mix, setzt sich gegen Ungleichheit ein – und fördert bezahlbaren Wohnraum, der den Namen verdient.

Barbara Gysel, Präsidentin SP Kanton Zug / Kantonsrat, Oberwil