Zuger Zeitung vom 16. Januar
Wir sind mitten in der zweiten Welle der Corona-Pandemie. Eine dritte ist nicht auszuschliessen sondern wahrscheinlich. Ueli Maurer prophezeit einen Schuldenberg so hoch, dass er schneesicher sei. Unzählige Branchen schlagen Alarm, stehen vor dem finanziellen Aus: Gastrobetriebe, Hotellerie, Eventbranche, Kulturschaffende, Sporteinrichtungen. Die Liste ist ellenlang. Und in Spitälern und Pflegeeinrichtungen fehlen personelle Ressourcen. Tausende Menschen stehen vor einem Berg von Problemen, der mindestens so hoch ist wie der, den unser Finanzminister beklagt.
Und was macht der Kanton Zug just in dieser unsicheren, finanziell absolut unvorhersehbaren Lage? Er senkt die Steuern in der Steueroase. Einmal mehr. Die SP hat sich gemeinsam mit der ALG schon im Kantonsrat, noch in der ersten Welle, gegen die als Corona-Stützmassnahme verkappte Steuersenkung gewehrt. Wir sollten nicht leichtfertig und voreilig auf Mittel verzichten, bevor wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auch nur ansatzweise abschätzen können. Selbst der Finanzdirektor bestätigte in seinem Interview mit der Zuger Zeitung vom 30. September 2020, dass diese Unsicherheiten nicht von der Hand zu weisen sind. Seither wurden unzählige nationale und kantonale Nothilfepakete geschnürt. Gleichzeitig warten Branchen wie die Gastronomie und Hotellerie immer noch auf konkrete Hilfen.
Es macht die Sache nicht besser, dass die Steuersenkung von Regierung und bürgerlicher Seite als Teil eines sogenannt ausgewogenen Pakets präsentiert wird. Denn: Ausgewogenheit ist gar nicht die Fragestellung. Die Massnahme steht in engem Zusammenhang mit der Unterstützung von Menschen und Firmen in realen Nöten, welche der Kantonrat zum Glück beschlossen hat. Nur die geplante Steuersenkung schert hier aus. Sie lindert keine Not, sondern kommt als eigentliches Geschenk daher, dessen Verwendungszweck natürlich frei ist. Das widerspricht klar dem Grundsatz, dass Steuergelder maximale Wirkung erzielen sollen.
Die Steuersenkung ist das falsche Mittel in der Krise: Dass davon in erster Linie die zahlreichen Briefkastenfirmen und globalen Konzerne profitieren und nicht der Malermeister oder die Beizerin, ist offensichtlich. Mehr als 60 Prozent der ansässigen Unternehmen bezahlen nämlich heute schon keine Steuern. Hinzu werden sich jene gesellen, die durch die Pandemie einen wirtschaftlichen Einbruch erleben. Auch Familien und Personen, die wegen der Pandemie Kurzarbeit leisten oder die Arbeit verlieren, ist mit einer Steuersenkung nicht geholfen. Für die wirklich Leidtragenden der Pandemie zielt die Massnahme also komplett ins Leere. Sie ist als Corona-Stützmassnahme wirkungslos. Und unsolidarisch. Denn sie begünstigt im Gegenteil gerade jene, die in der Pandemie besonders grosse Gewinne machen. Zu hoffen, dass diese Gelder direkt in den lokalen Konsum fliessen und damit das Gewerbe unterstützt wird, ist utopisch. Denn bekanntlich sinkt die Konsumquote mit steigendem Einkommen. Gerade in der Krise wird das zusätzliche Geld eher in die Vermögenssicherung investiert und kaum in der lokalen Bäckerei ausgegeben. Kurz: Die Steuersenkung als Konjunkturspritze zu verkaufen, ist absurd.
Tausende Zugerinnen und Zuger haben das Referendum gegen die Steuersenkung unterschrieben. Am 7. März 2021 entscheiden wir alle, ob der Kanton Zug noch tiefere Steuern braucht oder ob es Zeit ist, die Steuergelder zum Wohle aller zu investieren.
Guido Suter, Kantonsrat SP, Walchwil