Frauenstreik MANIFEST

 

 

 

 

1. Mehr Frauen*in Politik, Wirtschaft und Verwaltung

Seit 1971 stehen politische Ämterauch uns Frauen*offen. Seit 1981 ist die Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Verfassung verankert. Frauen* sind in der Schweiz zahlenmässig knapp in der Mehrheit. 47 Prozent der Frauen* absolvieren eine Hochschule.

Wir fragen uns: Wo bleiben die Frauen* in den Geschäftsleitungen der grossen Zuger Firmen? Weshalb sind die Kaderpositionen in der kantonalen Verwaltung mehrheitlich von Männern besetzt? Warum sind Frauen* nicht ausgewogen in der Regierung vertreten? 2019 liegt der Frauen*anteil im Regierungsrat nämlich gerade mal bei 14 Prozent, in den Gemeinde-und Bezirksexekutiven bei unter 30 Prozent und im Kantonsrat bei 27Prozent. Wo bleibt die repräsentativeVertretung der Geschlechter?

Damit das Gleichstellungsgesetz von 1996 endlich griffig umgesetzt wird, braucht es konkrete zielgerichtete Massnahmen im Kanton Zug.

→ Wir fordern alle Parteien auf, auf ihren Wahllisten zu gleichen Anteilen Frauen* und Männer zu portieren und ihnen chancengleiche Listenplätze anzubieten.

Mit einer fairenGestaltung ihrer Wahllisten können die Zuger Parteien für Chancengleichheit von Frauen* und Männern bei Wahlen sorgen. Indem sie das untervertretene Geschlecht auf die obersten Listenplätze setzen, können sie aktiv dazu beitragen, dass Parlamente und Exekutiven zukünftig ausgewogener zusammengesetzt sind.

→Im (Wahl-)Herbst 2019 müssen wir endlich eine Frau* als unsere Vertretung nach Bern wählen.

Im Kanton Zug haben wir sowohl für den National-wie den Ständerat noch nie eine Frau nach Bern gewählt. Jede stimmberechtigte Person kann Frauen* auf ihren Wahlzettel setzen und damit ganz unmittelbar für eine bessere Vertretung der Frauen* in politischen Ämternsorgen.

→Wir fordern alle Unternehmen auf, familienfreundliche Arbeitsbedingungen einzuführen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu garantieren.

Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Jobsharing, Homeoffice, Teilzeitpensen auch in Führungspositionen, einem angemessenen Vaterschaftsurlaub sowie mit gezielter Nachwuchsförderung von Frauen* könnenUnternehmen dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter zu verbessern und damit den Anteil von Frauen* in Führungspositionenzu erhöhen.

→Wir fordern alle Politiker*innen auf, familienergänzende Kinderbetreuung finanziell stärker zu fördern.

Viele Mütter möchten auch im Beruf Verantwortung übernehmen. Im Kanton Zugist die familienergänzende Kinderbetreuung jedoch sehr teuer und viele Angebote sind weit im Voraus ausgebucht. Mit einer zielgerichteten, bedarfsgerechten und einheitlichen Subventionierung der Elterntarife kann die Politik dafürsorgen, dassKinderbetreuungskosten für alle Familien bezahlbar werden.

→Wir fordern die Widereinführung des kantonalenGleichstellungsbüros wie auch der Gleichstellungskommission.

2010 wurden diese für die Erfüllung der Gleichstellung wichtige Institution abgeschafft. Dies können wir nicht hinnehmen und auch das Bundesgericht hat festgehalten das der Kanton Zug verpflichtet ist die Gleichstellung zu fördern.Doch bis jetzt ist nichts geschehen, dabei gibt es reichlich Handlungsbedarf.

2. Lohngleichheit und höhere Frauen*löhne

Die Gleichstellung von Frau und Mann ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Der Gleichstellungsartikel verpflichtet den Gesetzgeber, für rechtliche und tatsächliche Gleichstellung zu sorgen, und enthält ein direkt durchsetzbares Individualrecht auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit.

Das Gleichstellungsgesetz von 1996 konkretisiert den Verfassungsauftrag für das Erwerbsleben, verbietet direkte wie indirekte Diskriminierungen in allen Arbeitsverhältnissen und soll die Chancengleichheit im Erwerbsleben sicherstellen. Wir fordern Lohngleichheit, weil Frauen*durchschnittlich 20 Prozent niedrigere Löhne haben und weil die Renten von Frauen*37 Prozent unter denen der Männer liegen. Die tieferen Löhne und kleineren Renten sind eine direkte Folge von Diskriminierungen und ungenügender Anerkennung der unbezahlten Arbeit.

Zudem werden in sogenannten Frauen*berufen systematisch tiefere Löhne bezahlt. Dabei sind gerade diese  Aufgaben, wie etwa pflegen und erziehen –sogenannte Sorgearbeit –zentral für das Funktionierender Gesellschaft. Diese systematische Unterbezahlung führt zu prekären Lebensbedingungen und so sind die Frauen* in der Gruppe der Working Poor deutlich überrepräsentiert.

→Wir fordern die Zuger Regierung auf, die «Charta Lohngleichheit im öffentlichen Sektor» zu unterzeichnen.

Im Jahr 2016 hat der Bundesrat die «Charta Lohngleichheit im öffentlichen Sektor» lanciert. 16 Kantone und 64 Gemeinden haben sie bislang unterzeichnet. Damit bekräftigen die Behörden, die Lohngleichheit in der Verwaltung und im öffentlichen Beschaffungswesen umzusetzen. Sie übernehmen damit Verantwortung und eine wichtige Vorbildfunktion für öffentliche und private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

→Wir fordern alle Unternehmen auf, ihre Löhne auf Ungleichheiten zwischen Frauen*- und Männerlöhnen zu überprüfen und die Resultate und getroffenen Massnahmen ihren Mitarbeitenden transparent zu kommunizieren.

Mit dem vom Bund zur Verfügung gestellten Prüfprogramm können Unternehmen ihre Löhne selbstständig überprüfen und Massnahmen zur Herstellung von Lohngleichheit ergreifen.

→Wir fordern alle Politikerinnen und Politiker auf, verbindliche Lohnkontrollen in den Betrieben einzuführen, die bei Missachten des Gleichstellungsgesetzes von 1996 Sanktionen zur Folge haben.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist kein Geschenk an die Frauen*, sondern ein Verfassungsauftrag. Mit verbindlichen Lohnkontrollen kann diesem endlich Geltung verschafft werden.

→Wir fordern alle Politiker*innen auf, einen kantonalen Mindestlohn einzuführen.

Wer Vollzeit arbeitet, soll davon leben können. Darum braucht es analog zu Neuenburg einen kantonalen Mindestlohn. Das Modell Neuenburg zeigt, dass Mindestlöhne die Situation von vielen Frauen* verbessern. Im Kanton Zug soll dieser mindestens Fr. 23.–betragen, da hier die Lebenshaltungskosten höhersind.

3. Schutz vor sexueller Belästigungund Gewalt an Frauen*

Artikel 4 des Gleichstellungsgesetzes verbietet sexuelle Belästigungam Arbeitsplatz ganz klar. Die #MeToo-Bewegung macht deutlich, dass Frauen*weiterhin am und ausserhalb des Arbeitsplatzes Frauen* verachtende Äusserungen und sexuelle Belästigungerfahren, teilweise sogar in verstärktem Mass.

→Wir fordern alle Mitglieder unserer Gesellschaft auf, gegen Frauen* verachtende Äusserungen und gegen sexuelle Belästigung in jeder Form unmittelbar einzuschreiten.

Wir wollen eine Gesellschaft, die auf Gleichstellung, Solidarität und Respekt beruht: ohne Diskriminierung, ohne Sexismus, ohne Gewalt gegen Frauen*. Dies soll für alle Frauen*gelten, unabhängigvon Hautfarbe, Religion, Alter oder sozialer Stellung.

→Wir fordern alle Unternehmen und alle Politiker*innenauf, einfach zugängliche Anlaufstellen für Opfer von sexueller Belästigungzu schaffen und bestehende besser bekannt zu machen.

Heute sind die Anlaufstellen für Opfer sexueller Belästigungoft betriebs-oder verwaltungsintern angesiedelt. Damit sich betroffene Personen ohne Angst (z.B. vor Arbeitsplatzverlust) wehren können, müssen Anlaufstellen bekannt und unabhängig vom Unternehmen zugänglich sein.

→Wir fordern die Zuger Regierung auf, mehr in die Sensibilisierung und Prävention gegen sexuelle Belästigung und häusliche Gewalt zu investieren.

Jede zweite Frau* wird in ihrem Leben sexuell belästigt, jede fünfte wird Opfer eines sexuellen Übergriffs, jede zehnte vergewaltigt. Im Kanton Zug sind die Vorfälle häuslicher Gewalt in den letzten Jahren angestiegen.Dies können wir nicht länger hinnehmen. Mit gezielten Präventions-und Bildungsmassnahmen können alle Altersstufen für die Problematik sensibilisiert werden. Sexuelle Belästigungenund Übergriffewerden dadurch präventiv verhindert.

4. Anerkennung und Ausbau der Care-Arbeit

Nach wie vor wird die unbezahlte Arbeit mehrheitlich von Frauen* ausgeführt, die Teilzeit arbeiten. Sie bewerkstelligen zwei Drittel der Hausarbeit, die Betreuung und Pflege von Kindern, Grosskindern sowie kranken und pflegebedürftigen Angehörigen. Ohne diese unbezahlte Arbeit, die zum Wohlstand bedeutend beiträgt, würde die Schweiz nicht funktionieren. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft muss anerkannt werden, dass der Bedarf der Bevölkerungan Betreuung und Sorgearbeit in Zukunft massiv wächst. Die Care-Arbeit muss mehr Wertschätzung erfahren und besser entschädigt werden.

→Wir fordern alle Politiker*innen auf, für die Bereitstellung und Finanzierung bedarfsgerechter Angebote für die familienergänzende Kinderbetreuung, Langzeitpflege und Betreuung zu sorgen.

Die traditionelle familiäre Care-Arbeit ist unter Druck, weil immer mehr Frauen* erwerbstätig sind und Männer ihre Erwerbsarbeit nicht im gleichen Umfang reduziert haben. Care-Arbeit als öffentliche Aufgabe ist jedoch in der Schweiz nur wenig ausgebaut und gleichzeitig ebenfalls unter Druck: Sparprogramme und Steuersenkungen sowie Privatisierungen verhindern den nötigen Ausbau in guter Qualität oder führen bereits wieder zu einer Rücknahme öffentlicher Leistungen (Spitex, Fallpauschalen und frühe Entlassung aus Spitälern). In dieser Situation wächst die Belastung für die Gesellschaft, besonders für die Frauen*. Ziel muss es sein, Care-Angebote als öffentliche Aufgabe auf-und auszubauen.

→Wir fordern alle Unternehmen auf, es ihren Arbeitnehmenden zu ermöglichen, unbezahlte Betreuungs-und Sorgearbeit für ihre Angehörigen zu leisten.

Alle Menschen benötigen in verschiedenen Phasen ihres Lebens Care-Arbeit. Indem Unternehmen flexibel auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmenden eingehen, die neben der bezahlten Arbeit für Angehörige sorgen, können sie dazu beitragen, dass wir alle dereinst gut betreut werden.

→Wir fordern alle Unternehmen und alle Politiker*innen auf, dafür zu sorgen, dass Menschen, die unbezahlte Betreuungs-und Sorgearbeit leisten, nicht längerbenachteiligt werden: bezüglich Arbeitsbedingungen, Lohnentwicklung und Laufbahn, Sozialversicherungen sowie Steuern.

Unbezahlte Care-Arbeit führt heute oft dazu, dass Frauen*seltener befördert werden, weniger verdienen und später tiefere Renten erhalten. Wir wollen eine Gesellschaft, die unbezahlte Care-Arbeit als gleichwertig wie die bezahlte Erwerbsarbeit anerkennt und auch gleichwertig honoriert –in jeder Hinsicht.