Nein zur Selbstbestimmungsinitiative

12. November 2018

Die Staaten dieser Welt vereinbaren miteinander völkerrechtliche Verträge. Dies sind zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), das Freihandelsabkommen mit China oder die bilateralen Verträge. Die Gesetze, die in völkerrechtlichen Verträgen in Kraft gesetzt werden, stehen meistens über der Schweizer Bundesverfassung. Dies bewirkt, dass die Schweiz diese Gesetze umsetzen muss und unsere Gesetze anpassen muss. Natürlich hat das Schweizer Stimmvolk auch Mitspracherecht. Seit rund vierzig Jahren können wir bei gewissen neuen völkerrechtlichen Verträgen, dank dem Referendum mitbestimmen.

Wenn die Initiative angenommen würde, hätte die Bundesverfassung Vorrang vor den völkerrechtlichen Verträgen. Dies widerspricht unserer Bundesverfassung. Zur Folge hätte das, dass wir viele völkerrechtliche Verträge erneut aushandeln müssten. Nur das zwingende Völkerrecht (z.B. das Folterverbot, Verbot des Sklavenhandelns) und die völkerrechtlichen Verträge, die durch ein Referendum erlassen wurden, würden auch in Zukunft über der Bundesverfassung stehen.

Aus meiner Sicht ist die Faktenlage klar. Die Schweiz hat auch ohne die Selbstbestimmungs-Initiative die Wahl, welche völkerrechtlichen Verträge sie abschliessen will. Somit wird unserem Land kein fremder Wille aufgezwungen. Mit den völkerrechtlichen Verträgen garantieren wir den anderen Staaten, dass wir uns an die Abmachungen halten. Wenn wir uns für die Initiative entscheiden, hat dies zur Folge, dass wir Verträge neu verhandeln oder kündigen müssen. Die Selbstbestimmungsinitiative ist ein starker Angriff auf die Menschenrechte. Denn Schweizer Gerichte dürften die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht mehr anwenden. Welches Signal sendet die Schweiz damit all den Ländern, in welchen die Menschenrechte massiv gefährdet sind.

Wenn wir alle Verträge neu verhandeln müssten wäre das äusserts langwierig und unglaublich mühsam. Denn wie können wir von einem Verhandlungspartner ernst genommen werden, wenn wir durch die Selbstbestimmungs-Initiative keine Rechtssicherheit bieten können. Zusätzlich schwächt diese Situation unserer Verhandlungsposition äusserst stark.

Die Initianten kommen immer mit fadenscheinigen Argumenten. Seitens der Befürworter hört man immer wieder, die Selbstbestimmungs-Initiative schwäche die Menschenrechte nicht. Das stimmt aus meiner Sicht nicht, denn die EMRK würde ausser Kraft gesetzt, weil Klagen gegen die Verletzung von Grund- und Menschenrechten am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wirkungslos wären. Wie sollte dann das Bundesgericht die Grundrechte von uns allen schützen. Des Weiteren höre ich oft das Argument, dass sich die Schweiz nicht von der EU diktieren lassen will, was sie zu tun hat. Faktisch geht es nicht um die EU oder die Beziehung mit dieser, sondern um die Abschaffung der EMRK. Zur Beziehung der Schweiz mit der EU wie z.B. einem institutionellen Rahmenabkommen können die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Rahmen von Volksabstimmungen mitbestimmen. Die Schweiz kann eine Völkerrechtliche Verpflichtung nur eingehen, wenn dies mit dem Schweizer Recht zu vereinbaren ist. Als Beispiel kann man das Frauenstimmrecht erwähnen. Denn 1971 konnte die Schweiz die EMRK erst ratifizieren, als sie das Frauenstimmrecht eingeführt hat.

Um dieser gefährlichen Initiative Einhalt zu gewähren, sollte man am 25. November 2018 ein «Nein» einwerfen.

Fabian Freimann Kantonsrat Sozialdemokratische Partei