Die SP-Fraktion hat am 23. Januar 2015 dem Regierungsrat mittels Kleiner Anfrage Fragen betreffend finanzieller Auswirkungen der Initiative «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» gestellt.
Die Kleine Anfrage beantwortet der Regierungsrat wie folgt:
1. Wie stellt sich der Regierungsrat grundsätzlich zur Initiative «Familien stärken»!
Der Regierungsrat empfiehlt, in Übereinstimmung mit der Finanzdirektorenkonferenz (FDK), dem Bundesrat und dem eidgenössischen Parlament die Volksinitiative zur Ablehnung.
Die Initiative ist nicht nötig, weil:
- umfangreiche familienpolitische Massnahmen Familien mit Kindern bereits entlasten.
- Kinderlasten bereits ausreichend steuerlich berücksichtigt sind.
- sie quer in der finanzpolitischen Landschaft steht.
- Einnahmenausfälle von rund 1 Milliarde Franken, wovon rund 760 Millionen Franken bei Kantonen und Gemeinden, davon rund 7 Millionen Franken bei den Kantons- und Gemein-desteuern im Kanton Zug, unverhältnismässig sind.
- Einkommensbestandteile im Schweizer Steuersystem grundsätzlich zu versteuern sind.
Zahlreiche ausserfiskalische und fiskalische Massnahmen mildern die Kinderkosten bereits substanziell. Allein die Ausgaben für Familienzulagen, Mutterschaftsentschädigung und Krankenkassenprämienverbilligungen summieren sich auf rund 10 Milliarden Franken. Hinzu kommen die Ausgaben für Kinderrenten in AHV und IV sowie die Subventionierung familienergänzender Kinderbetreuungsangebote durch eine Vielzahl von Gemeinwesen.
Im Steuerrecht gibt es zur weiteren Milderung von Kinderlasten Sozialabzüge, Abzüge für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen, Fremd- und Eigenbetreuungsabzüge und den Elterntarif. Bei der direkten Bundessteuer wird den Kinderkosten mit einem Kinderabzug von 6500 Franken, einem Versicherungsabzug von 700 Franken, mit einem Fremdbetreuungsabzug von maximal 10 100 Franken und einem Abzug von 251 Franken vom Steuerbetrag (Elterntarif) pro Kind Rechnung getragen. Dies verursacht dem Bund Mindereinnahmen von rund 900 Millionen Franken. Bei den Kantons- und Gemeindesteuern führen die heutigen Abzüge für Familien mit Kindern gemäss Schätzungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu Entlastungen von jährlich 2,2 bis 2,7 Milliarden Franken.
Im Kanton Zug wird den Kinderkosten mit einem Kinderabzug von 12 000 Franken, einem Versicherungsabzug von 1100 Franken und einem Fremd- oder Eigenbetreuungsabzug von maximal 6000 Franken pro Kind Rechnung getragen. Die damit einhergehenden Mindereinnahmen lassen sich nicht genau beziffern, sie dürften aber im zweistelligen Millionenbereich liegen.
Die massive zusätzliche Belastung für die öffentlichen Haushalte steht quer in der finanzpolitischen Landschaft, nützt vielen Familien mit Kindern nichts und könnte für sie gar zum Bumerang werden.
Die finanzpolitischen Auswirkungen der Volksinitiative sind gewichtig, namentlich für die Kantone und ihre Gemeinden. Eine Umfrage bei den FDK Mitgliedern anfangs 2013 ergab Einnahmenausfälle für die Kantons- und Gemeindesteuern von rund 760 Millionen Franken. Im Kanton Zug wäre mit Einnahmenausfällen bei den Kantons- und Gemeindesteuern von rund 7 Millionen Franken pro Jahr zu rechnen. Diese Ausfälle müssten zusätzlich beim Entlastungsprogramm 2015–2018 kompensiert werden.
Der Bund rechnet mit rund 200 Millionen Franken Ausfällen. Diese massive finanzpolitische Belastung von insgesamt gegen einer Milliarde Franken müsste mit Sparmassnahmen oder Steuererhöhungen aufgefangen werden.
Inzwischen bezahlt gar rund die Hälfte der Haushalte mit Kindern keine direkte Bundessteuer mehr. Bei diesen Haushalten fiele das Anliegen der Initiative ins Leere. Rentnerinnen und Rentner, Alleinstehende und Paare ohne Kinder oder mit Kindern, die keinen Anspruch auf Kinder- und Ausbildungszulagen mehr haben, bezahlten die Zeche mit ihrer Steuerrechnung.
Von Sparmassnahmen z.B. im Schulbereich oder bei den Krankenkassenprämienverbilligungen wären auch viele Personen mit Kindern betroffen.
Einkommen im steuerrechtlichen Sinn ist die Gesamtheit derjenigen Wirtschaftsgüter, die einer steuerpflichtigen Person während eines bestimmten Zeitabschnitts zufliessen und die sie ohne Schmälerung ihres Vermögens zur Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse verwenden kann. Die Besteuerung erfolgt nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Einkommen einer Person ist damit möglichst umfassend zu berücksichtigen. Wer Kinder- und Ausbildungszulagen bezieht, erhöht sein Einkommen und damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Deshalb unterliegen Kinder- und Ausbildungszulagen den Einkommenssteuern.
Dieses Prinzip der sogenannten Gesamtreineinkommensbesteuerung gilt in der Schweiz grundsätzlich, wenn auch Durchbrechungen festzustellen sind. In der Schweiz werden Kinderlasten im Steuersystem berücksichtigt. Allgemeine Abzüge und Sozialabzüge tragen den konkreten individuellen Verhältnissen Rechnung und reduzieren das steuerbare Einkommen. Diese Abzüge sind wichtig und richtig. Auf der anderen Seite erhöhen aber Kinder- oder Ausbildungszulagen das Einkommen und damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Als Einkommensergänzungen sind die Zulagen deshalb wie andere Einkünfte besteuert.
Tatsächlich ist die Berücksichtigung der Kinderkosten nicht kohärent. Bereits die Einführung des Elterntarifs bei der direkten Bundessteuer im Jahre 2012 mit dem Abzug pro Kind von 251 Franken vom Steuerbetrag stellte einen solchen Einbruch dar. Mit der von der Initiative beabsichtigten Steuerbefreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen wird dieses Flickwerk noch weiter gefördert und die steuerliche Entlastung von Kinderlasten doppelt berücksichtigt.
Aufgrund der grossen finanziellen Ausfälle empfiehlt der Regierungsrat, die Initiative «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» abzulehnen.
2. Mit welchen finanziellen Auswirkungen rechnet der Regierungsrat für den Kanton Zug bei Annahme der Initiative?
Vergleiche Antwort zu Frage 1.
3. Wie kann der Regierungsrat bei Annahme der Initiative gewährleisten, dass die Steuerausfälle nicht zu Mehrbelastungen oder Leistungsabbau für Personen und Familien mit tiefem und mittlerem Einkommen führen?
Der Regierungsrat kann keine Garantien abgeben. Kantonsrat und Regierungsrat werden nach einer allfälligen Annahme der Initiative entscheiden müssen, wie sie die Mindereinnahmen kompensieren wollen. Die Mindereinnahmen können durch Leistungsabbau und/oder Mehreinnahmen kompensiert werden.
Regierungsratsbeschluss vom 17. Februar 2015