Alarmzeichen ernst nehmen – auch in Zug. Zur Bildungspolitik.

von Zari Dzaferi, 10. Januar 2015

Schlagwörter wie «Bildung ist unser wichtigster Rohstoff» zierten die Wahlwerbung vieler Kandidatinnen und Kandidaten bei den letzten Gesamterneuerungswahlen. Fast jede und jeder schien ein Herz für Bildung zu haben. Als Bildungspolitiker einerseits und Sekundarlehrer andererseits freute mich dies selbstverständlich. Schliesslich ist die Ausbildung der nächsten Generationen ein Schlüsselfaktor unseres Wohlstandes. Deshalb ist die Politik gut beraten, Ressourcen für eine qualitativ hochwertige Bildung zur Verfügung zu stellen. Obwohl mehr Ressourcen nicht gleich bessere Bildung bedeuten, müssen wir uns allerdings bewusst sein, dass seit Jahren die durch neue Reformen gestellten Ansprüche und die zur Verfügung gestellten Ressourcen auseinanderdriften.

Nicht überraschend fällt daher die kürzlich veröffentlichte Studie des Dachverbands der Lehrpersonen (LCH) zur Berufszufriedenheit der Lehrper­sonen ernüchternd aus. Auf einer Skala von 1 bis 6 liegt die Gesamtzufriedenheit bei einer Note 4,3. LCH Präsident Beat Zemp brachte denn auch die Ressourcenfrage mit seiner Aussage, «Als Bergführer können Sie im Winter nicht mit Turnschuhen aufs Matterhorn und eine Gruppe mitnehmen, in der Spitzensportler und behinderte Menschen gleichzeitig mitlaufen», so ziemlich auf den Punkt.

Reformen und Ressourcen sollten nämlich ein Tandem bilden, damit das im Büro Geplante und von der Gesellschaft Geforderte auch tatsächlich im Schulzimmer umgesetzt werden kann. Fehlen die Ressourcen, spüren dies in erster Linie jene Personen, die vor den Kindern stehen und die Verantwortung tragen.

Die aktuelle Studie zeigt einmal mehr, dass eine Mehrheit der Lehrpersonen überlastet ist und ihrem Berufsauftrag nicht gerecht werden kann. Vergleicht man die in den letzten Jahren von oben nach unten durchgesetzten Reformen und die zeitlichen Ressourcen der Lehrpersonen, geht auch in unserem Kanton die Rechnung irgendwo nicht auf. Seit rund 30 Jahren ist beispielsweise das Vollpensum für Zuger Lehrpersonen unverändert geblieben – 29 Lektionen auf der Sekundarstufe, 30 Lektionen auf der Primarstufe. Auf der Kantons und Berufsschule wurde das Vollpensum auf 24 Lektionen angepasst.

Man kann mit der Studie des LCH unterschiedlich umgehen. Sie kann Grundlage sein, um am Stammtisch darüber zu poltern, dass auf einem hohen Niveau gejammert werde. Die Resultate einer solch umfangreichen Studie können aber auch als Alarmzeichen gesehen werden.

Die am 5. Oktober letzten Jahres gewählten Kantonsrätinnen und -räte haben es in dieser Legislatur mit den Revisionen des Schulgesetzes so ­ wie des Lehrpersonalgesetzes in der Hand, die Rahmenbedingungen anzupassen. Es geht unter anderem um Klassengrössen, Anpassung des Pflichtpensums sowie eine zusätzliche Entlastungslektion für Klassenlehrpersonen. Alles Massnahmen, welche Gegensteuer geben, damit der Berufsauftrag auch seriös ausgeführt werden kann.

Obwohl ich im Grundsatz ein Optimist bin, befürchte ich, dass die angedachten Entlastungsmassnahmen vom bürgerlich dominierten Rat nicht angenommen werden. Ursprünglich knapp vor beziehungsweise nach den Wahlen eingeplant, stehen beide Vorlagen – zufällig? – erst nach Ankündigung des Sparpakets zur Debatte. Zu dem hat Bildungsdirektor Stephan Schleiss kürzlich in einer Videobotschaft bereits unmissverständlich klar gestellt, dass auch die Schule einen Beitrag an das Sparpaket zu leisten habe.

Sie dürfen also gespannt sein, wer es mit dem eingangs aufgeführten Wahlspruch wirklich ernst meinte und wer ihn als leere Wahlhülse zum Stimmenfang missbrauchte.

Zari Dzaferi, SP-Kantonsrat, Baar

Zari Dzaferi

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