Umsetzung der OECD-Mindeststeuer; Gesetz über Standortentwicklung (GSE)

Vernehmlassung zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer; Gesetz über Standortentwicklung (GSE). Stellungnahme der SP Kanton Zug

 

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Heinz Tännler
Sehr geehrte Damen und Herren

Die SP Kanton Zug bedankt sich für die Möglichkeit, an der Vernehmlassung zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer teilnehmen zu können. Die Vorlage sehen wir sehr kritisch.

 

Grundsätzliche Bemerkungen

Grundsätzlich erkennen wir die Harmonisierung der Besteuerung von Unternehmen als richtig an und würden eine internationale Einigung über weitergehende Massnahmen begrüssen. Eine höhere Unternehmensbesteuerung und eine international harmonischere Verteilung des Steuersubstrats betrachten wir als gerechter und im Hinblick auf die Notwendigkeit der Bewältigung weltweiter Herausforderungen als zielführender als den gegenwärtigen Zustand.

Vor diesem Hintergrund lehnen wir die im Entwurf enthaltenen Massnahmen aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Mit ihnen würde der Tiefsteuerstandort Zug konserviert und der Standortwettbewerb weiter angetrieben. Dies geschähe zum Nachteil breiter Bevölkerungsschichten: Während ausserhalb des Kantons Menschen mit den Folgen eines verringerten Steuersubstrats zu kämpfen hätten, müsste die örtliche Bevölkerung weiterhin mit den Folgen eines ungünstigen Verhältnisses zwischen Arbeitsplätzen und Bevölkerungszahl zurechtkommen, d.h. mit steigenden Wohnkosten und ungelösten Verkehrsproblemen. Dabei schmälern insbesondere die Wohnkosten die Lebensqualität und Lebenschancen der Zuger:innen mit kleinen und mittleren Einkommen empfindlich, sind sie doch für ihre Kaufkraft weitaus relevanter als jede Steuerersparnis.

Zudem stellt sich die grundsätzliche Frage, weshalb Unternehmen für ausländische Aktivitäten, die zu einer Reduktion von CO2-Emissionen führen, vom Kanton Zug finanziell unterstützt werden sollen. Denn die Umsetzung von ökologischen wie sozialen Nachhaltigkeitszielen liegt in der Verantwortung der Unternehmen. Neue kantonale Massnahmen, mit welchen Unternehmen einseitig begünstigt und bei der Lösung von Klima- und anderen Problemen unterstützt werden, erscheinen uns in Anbetracht der Diskussionen über die Frage der Konzernverantwortung, welche in der Schweiz und ihrem wichtigsten Handelspartner, der Europäischen Union, geführt werden, als verfehlt und für die Unternehmen selbst als sehr riskant.

 

Konkrete Anliegen

 

Beurteilung der Ausgangslage

Die Beurteilung der Folgen der OECD/G20-Mindeststeuer empfinden wir als zu abstrakt. Wir würden es deshalb begrüssen, wenn der Regierungsrat die Folgen einer Einführung der Ergänzungs­besteuerung ohne die vorgeschlagenen Kompensations­massnahmen in der kurzen und mittleren Frist abschätzen und quantitativ ausweisen würde. Das Einholen einer unabhängigen Studie über die zu erwartende volkswirtschaftliche Lage, welche namentlich die Folgen für den Wohnungsmarkt und den Pendelverkehr einbeziehen würde, erscheint uns für das Sicherstellen eines fundierten demokratischen Austausches als angezeigt und als finanziell machbar für den Kanton Zug.

Förderbeiträge an Unternehmen

Die Anforderungen an die Beantragung von Förder­instrumenten sind so ausgestaltet, dass anzunehmen ist, dass ein weit überwiegender Anteil der Fördermittel an Unternehmen fliessen würde, welche der Mindest­besteuerung unterliegen. Dies ist umso eher anzunehmen, da die erklärte Absicht der Vorlage darin besteht, dem Wandel der steuerlichen Standort­bedingungen «entgegenzuwirken». Da der Regierungsrat Regelungen im Graubereich richtigerweise nicht als zielführend beurteilt, wünschen wir weitergehende Abklärungen, inwiefern das vorgeschlagene Zuger Fördersystem gegenwärtigen Vorgaben der OECD sowie ihrer wahrscheinlichen künftigen Weiterentwicklung genügt. Sinnvoll erscheint es uns, ein Gutachten einzuholen bei Stellen des Bundes, die mit der Umsetzung der Mindeststeuer beauftragt sind, oder bei international anerkannten Fachleuten, und dieses zu veröffentlichen.

Analoges wünschen wir uns mit Bezug auf die Frage der Einhaltung der EU-Vorschriften über das Verbot staatlicher Beihilfen. Dies grundsätzlich und insbesondere im Licht der im Januar 2023 in Kraft getretenen EU-Verordnung (2022/2560) über den EU-Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (Foreign Subsidies Regulation; FSR). Ferner möchten wir wissen, wie mögliche Weiter­entwicklungen des europäischen Beihilferechts beurteilt werden, welche sich aufgrund der im Juni 2024 erlassenen Richtlinie (2024/1760) zu den Sorgfalts­pflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) ergeben könnten. In deren Artikel 11 wird die Verantwortung der Unternehmen für Klimaschutz­massnahmen festgehalten, insbesondere deren Pflicht zu zweckdienlichen Investitionen (Art. 11, Abs. 3, lit. d). Wir fragen uns, ob das vorgesehene Gesetz über die Standort­entwicklung nicht zu Unsicherheiten für alle Zuger Unternehmen führt, die in der EU tätig sind, bevor nicht ausgeschlossen werden kann, dass Zuger Beihilfen für die Einhaltung von Nachhaltigkeits­vorschriften nicht als wettbewerbs­verzerrende Subventionen betrachtet und gegebenenfalls mit Bussen sanktioniert werden.

Ganz grundsätzlich stellt sich für uns auch die Frage, ob der Ansatz, Förderinstrumente dynamisch weiterzuentwickeln, nicht den wesentlichen Standortfaktor berechenbarer Rahmen­bedingungen schmälert. Ferner möchten wir festhalten, dass es uns grundsätzlich als schwierig bis unmöglich erscheint, die von global tätigen Unternehmen eingereichten Leistungsnachweise zu kontrollieren, und erst recht, falls die Gestaltung der Förderbeihilfen einem fortwährenden Wandel unterliegen sollte. Weitergehende Informationen über die Möglichkeiten der kantonalen Verwaltung, denkbare unternehmensunabhängige Kontrollmechanismen und die erwarteten Kosten solcher Kontrollprozesse würden wir deshalb begrüssen. Weiter erscheint es uns als angezeigt, eine genaue Berichterstattung über die gesprochenen Förderbeiträge sicherzustellen. Veröffentlicht werden sollte jeder Förderbeitrag, dessen Höhe und das mit ihm geförderte Unternehmen. Ebenfalls hervorgehen sollten der Zweck der Förderung sowie der Grund, weshalb dem Beitragsgesuch stattgegeben wurde.

Massnahmenpaket zur Stärkung des Standorts Zug

Wir erachten das Massnahmenpaket grundsätzlich als zu wenig austariert und zu wenig zukunftsorientiert. Wir schlagen deshalb folgende Anpassungen vor:

  • Ein Grossteil der generierten Mittel soll in die Linderung der Folgen der bisherigen Standortpolitik fliessen und die dringliche Lösung gesellschaftlicher Probleme. Zuvorderst geht es hier um den preisgünstigen Wohnraum, die Gleichstellung, die qualitativ hochstehende familien- und schulergänzende Betreuung, die Klimapolitik, den Umgang mit dem demografischen Wandel sowie die Bekämpfung der Armut im Kanton Zug. Die für einige dieser Anliegen bereits vorgesehenen Mittel, welche im Zusammenhang mit dieser Vorlage Gegenstand separater Gesetzesvorlagen oder Kantonsratsbeschlüsse sein sollen, sind unzureichend. Dies springt ausgerechnet beim vorgeschlagenen Umgang mit dem herausragenden Wohnungsproblem besonders gravierend ins Auge.
  • Solange international keine Übereinkunft über eine ausreichend gerechte Verteilung des Steuersubstrats besteht, sehen wir den Kanton Zug aufgrund seiner bisherigen Steuerpolitik dazu aufgefordert, sich solidarisch zu zeigen. Aus diesem Grund begrüssen wir, wenn ein Teil der Mittel für die Entwicklungs­zusammenarbeit bezeichnet wird und namentlich zugunsten von Entwicklungs­ländern, in denen Rohstoffe abgebaut werden, vorgesehen wird. Mit diesen Mitteln soll aber gerade nicht der Zweck verfolgt werden, Unternehmen zu subventionieren.
  • Im Themenbereich Wirtschaft empfehlen wir die bei einer Umsetzung der vorangehend aufgeführten Empfehlungen notwendig werdende Kürzung der Mittel. Zudem laden wir den Regierungsrat ein, Massnahmen zu formulieren, welche auf den Kanton Zug fokussiert sind, dies unternehmens- wie auch branchenunabhängig: Einerseits sollen gute Bildungs- und Weiterbildungs­chancen für die Bevölkerung stärker gefördert werden und andererseits Innovationen gefördert werden, welche die Herausbildung einer Arbeitswelt mit hochstehenden Arbeitsbedingungen für alle und hoher Wertschöpfung vor Ort zum Ziel haben: Faire Löhne für alle Arbeitnehmenden statt Steuer­optimierungen für die Hauptquartiere weniger ausländisch beherrschter Grossunternehmen. Ferner regen wir an, Massnahmen zur Förderung von Innovations­prozessen bei kleinen und mittleren Unternehmen in Zug und der Schweiz zu prüfen.

 

Abschliessend danken wir Ihnen für die Möglichkeit zur Stellungnahme und bitten Sie, unsere Überlegungen in die Weiterbearbeitung einfliessen zu lassen.

 

Freundliche Grüsse
Sozialdemokratische Partei
SP Kanton Zug

 

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