Änderung des Schulgesetzes. Vernehmlassungsantwort der SP Kanton Zug

Änderung des Schulgesetzes und des Gesetzes über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Lehrpersonen an den gemeindlichen Schulen

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Schleiss
Sehr geehrte Damen und Herren

Wir bedanken uns für die Einladung zur Vernehmlassung betreffend die vorgesehenen Änderungen im Schul- und im Lehrpersonalgesetz.

Grundsätzlich stellen wir erfreut fest, dass mehrere in den letzten Jahren eingebrachte Anliegen der Gemeinden, der Parteien und des Kantonsrats aufgenommen wurden und nun umgesetzt werden sollen. Wir sind daher mit den meisten Änderungen einverstanden und folgen mit unseren Erläuterungen der Reihenfolge ab Punkt 4 des vorliegenden Berichtes.

Logopädische Therapie bis zum 20. Altersjahr (§ 34 Abs. 3a SchulG)

Wir begrüssen diese Regelung sehr. Damit kann die heute bestehende Lücke für Jugendliche geschlossen werden. Die betroffenen Jugendlichen befinden sich in dieser Zeit zumeist in einer ersten beruflichen oder in einer weitergehenden schulischen Ausbildung, die die Grundlage für ihre künftige berufliche Laufbahn bildet. Wir erachten es gerade in dieser Phase als äusserst wertvoll, wenn Jugendliche, die auf die entsprechende Unterstützung angewiesen sind, diese auch erhalten und so optimal ins Arbeits- und Erwerbsleben starten können. Auch die Finanzierung durch den Kanton erscheint uns nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit und in der Phase der erstmaligen beruflichen Ausbildung richtig.

Integration von verhaltensauffälligen Kindern in den Schulbetrieb (§ 33bis Abs. 2a und 30 Abs. 2 SchulG)

Die gemeindlichen Schulen setzen sich schon seit geraumer Zeit mit der Problematik der Schulung von verhaltensauffälligen Kindern auseinander. Die meisten Gemeinden haben in den letzten Jahren auf diese Situation reagiert. Es sind in vielen Gemeinden Angebote wie Schulinseln, Time-out- oder Time-in-Klassen entstanden, die ein rasches, unbürokratisches und zeitlich begrenztes Handeln ermöglichen und in denen die Schülerinnen und Schüler über einen begrenzten Zeitraum ausserhalb der Stammklasse unterrichtet werden. Diese Gefässe ermöglichen zusätzlich Mischformen, in der Schülerinnen und Schüler an zwei bis drei Halbtagen mit ausgebildeten Fachleuten an ihren spezifischen Problemen im Bereich des Verhaltens und des Zusammenlebens arbeiten können, ohne ganz aus ihrer Stammklasse herausgerissen zu werden. Damit können im Schulalltag bei den Lernenden mit besonderen Herausforderungen im Bereich des Zusammenlebens und Verhaltens mit einem einfachen und effizienten Verfahren gezielt zeitlich eingeschränkte Förder- und Unterstützungsmassnahmen angeboten werden. Die Gemeinden können zudem bei stark belasteten Klassen mit weiteren unterstützenden Massnahmen wie beispielsweise mit Klassenassistenzen oder mit der Anpassung der Klassengrösse reagieren. Mit dem neuen § 33bis Abs. 2a wird damit im Gesetz etwas festgelegt, das in den meisten Gemeinden schon gelebt wird. Die Gemeinden erhalten so eine rechtliche Legitimation für ihr bisheriges Handeln.

Schülerinnen und Schüler, die nur mit Herausforderungen beim Lernen konfrontiert sind, können durch die SHP innerhalb der Klasse normalerweise ausreichend gefördert werden, wenn zwischen den Lehrpersonen und den SHP eine gute Koordination und Zusammenarbeit besteht und entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Dies zeigt auch die Entwicklung der letzten Jahre mit der starken Abnahme der Klein- und Werkklassen im Kanton. Die Änderung im § 30 Abs. 2 erachten wir als sinnvolle Ergänzung, in der die Schulart Werkklasse umfassend umschrieben wird, hat jedoch stark an Bedeutung verloren, da es kaum mehr Werkklassen gibt und die Werkschülerinnen und Werkschüler weitgehend in die Realklassen integriert sind, bei denen ebenfalls ein starker Fokus auf die Berufsausrichtung besteht.

Flexibilität bei der Führung der Oberstufe (§32 Abs. 1 SchulG)

 Das Anliegen hat bei den Gemeinden hohe Priorität, mehrere Gemeinden sind in den letzten Jahren mit diesem Anliegen an die Bildungsdirektion gelangt. Eine ungünstige Anzahl von Schülerinnen und Schülern führt oft auch in mittleren und grösseren Gemeinden dazu, dass sich für die Einteilung in Real- und Sekundarklassen ungünstige Klassengrössen ergeben, die zu zu kleinen oder zu grossen Schülerinnen- und Schülerzahlen führen. Mit schulartendurchmischten Klassen wäre dagegen oft eine organisatorisch sinnvolle und wirtschaftlich attraktive Schulorganisation möglich. Der individualisierte Unterricht hat längst Einzug gehalten in den gemeindlichen Schulen. Die Schülerinnen und Schüler werden heute in diversen Fächern in Niveauklassen unterrichtet, eine Durchmischung von Real- und Sekundarschülern und -schülerinnen findet somit also je nach Stärkenprofil ohnehin statt. Mit Sek I plus und der Einführung der Lernstudios wird die Individualisierung zusätzlich gelebt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit der Unterstützung von Lehrpersonen selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihrem Leistungspotenzial entsprechend an ihren Themen und Aufgaben. Die Einteilung in Sekundar- und Realklassen hat im schulischen Alltag nicht mehr dieselbe Bedeutung, wie sie es vielleicht noch vor einigen Jahren hatte. Wir begrüssen daher die Änderung im § 32 Abs. 1 des Schulgesetzes. Den Gemeinden soll es überlassen werden ihre Klassen in der für sie optimalen Form zu bilden.

Kantonale Leistungstests (§23b SchulG)

Kantonale Leistungstests in der Primarschule erachten wir als sehr kritisch. Formative und summative Tests bilden nur einen kleinen Teil der Kompetenzen gemäss Lernplan 21 ab. Sie widersprechen grundsätzlich den Bestrebungen, den überfachlichen Kompetenzen mehr Raum und Gewicht zu geben. Sie fördern das Lernen für den Test und haben eine sehr geringe Aussagekraft über die Qualität des Unterrichts oder den Bildungserfolg. Eine Festlegung solchernTests auf Gesetzesstufe ist aus unserer Sicht falsch und zeigt eher ein Schulverständnis aus dem letzten Jahrhundert. Es entspricht auch nicht den Anforderungen, die später im Berufsleben an die Kinder und Jugendlichen gestellt werden.

Die Geheimhaltung gemäss Absatz 2 und 3 verleiht diesen Tests zusätzlich ein enormes Gewicht. Die Durchsetzung der Geheimhaltung dürfte eher schwierig sein, da das Vorhandensein entsprechender Resultate auch einen massiven Druck auf die Veröffentlichung nach sich ziehen dürfte. Wir sind heute fast täglich Zeugen von Datenlecks, es wäre daher nicht erstaunlich, wenn solche Lecks auch in diesem Bereich auftreten würden und letztlich doch wiederum zu einem kaum aussagekräftigen öffentlichen Schul- oder gar Klassenranking führen würde.

Wir lehnen den §23b im Schulgesetz betreffend Kantonale Leistungstests ab.

Gemeindliche Schuldienste (§ 43 Abs. 3 SchulG)

Der aktuelle § 43 Abs. 3 beinhaltet lediglich den Bereich der zahnärztlichen Behandlung. Die Gemeinden haben jedoch auch bei den schulergänzenden Angeboten einkommens- und vermögensabhängige Tarife. Es stellt sich daher für uns die Frage, ob im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung der Geltungsbereich dieses Gesetzesartikels nicht auch auf diese zusätzlichen Bereiche ausgeweitet werden sollte, allenfalls mit der Einfügung eines zusätzlichen Artikels oder Absatzes.

Regierungsrat (§ 64 Abs. 2 Bst. a1)

Die Kompetenzerweiterung auf den Regierungsrat für die Genehmigung der Lehrpläne mit den Stundentafeln der gemeindlichen Schulen wird dem Anliegen einer grösseren demokratischen Legitimation nicht gerecht, da der Regierungsrat ebenfalls nur einen Teilbereich des politischen Spektrums abbildet. Eine grössere Legitimation könnte dadurch erreicht werden, dass der Bildungsrat analog zu den kantonsrätlichen Kommissionen auf 15 Personen aufgestockt würde. Dann wären in diesem Gremium die politischen Parteien gemäss ihrer Fraktionsstärke vertreten, was ihm eine deutliche höhere Legitimation geben würde als die heutige Zusammensetzung mit 7 Personen.

An Stelle der Änderung von § 64 Abs. 2 Bst. a1 schlagen wir eine Änderung von

§ 65 Abs. 1 (Bildungsrat) vor:

Der Bildungsrat wird vom Regierungsrat auf Amtsdauer gewählt. Er setzt sich aus fünfzehn Mitgliedern zusammen. …

Kantonsbeiträge (§ 78 Abs. 2 SchulG)

Der infolge der Sparmassnahmen gekürzte Beitrag an die Privatschulen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass vermehrt Kinder und Jugendliche von Expats die öffentlichen Schulen besuchten. Die Schulen sind sehr wirksame und effiziente Integrationsfaktoren. Die Integration von Ausländerinnen und Ausländern erachten wir als sehr wichtig und dringend für unsere Gesellschaft, auch wenn sich diese in Einzelfällen nur während einer kürzeren Zeit bei uns aufhalten. Standortförderung mit Subventionen an Privatschulen ist aus unserer Sicht der falsche Anreiz. Es kann nicht darum gehen, Schulen für Privilegierte zu fördern und zu unterstützen, sondern die öffentlichen Schulen für alle besser und attraktiver zu machen, auch für die Expats.

Wir lehnen daher die Anpassung im § 78 Abs. 2 und damit die Erhöhung des Kantonsbeitrages auf die Normpauschale ab.

 

Zu den in dieser Vernehmlassung nicht erwähnten Paragrafen haben wir keine Anmerkungen.

 

Freundliche Grüsse

Barbara Gysel, Präsidentin
Beat Iten, Fraktionschef Kantonsrat

 

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