Sozial statt tolerant. Jahresausblick 2016

Toleranz stammt vom lateinischen tolerare ab, was «erdulden» und «ertragen» meint. Leider stösst die Zuger Toleranz an Grenzen, wenn es um den Finanzhaushalt geht.

Zug war und ist wirtschaftlich potent und ist in der Wirtschaftsleistung mit Abstand Spitzenreiter der Nation. Aber seit 2013 fahren wir Defizite ein. Warum? Wir schöpfen schlicht unser Steuerpotenzial nicht aus. Das gefährdet nicht nur den sozialen Kitt, sondern auch staatliche Investitionen wie bei der Infrastruktur, deren Erhalt oder Neuschaffung erschwert werden. Damit beisst sich die Katze in den Schwanz: der Wirtschaftsstandort gefährdet sich selbst. Die Zuger Politik macht aktuell einen Paradigma-Wechsel durch. Früher galt in der Steuerpolitik noch der Matthäus-Effekt «Wer hat, dem wird gegeben». Neu heisst es mit dem Sparpaket «Wer nicht hat, dem wird noch mehr genommen». Die Kurskorrekturen liegen in unserer Hand. Soziales Denken und Handeln sollten 2016 im Zentrum stehen.

176 Millionen Defizit
Zug sei halt kein Goldgräberkanton mehr, sagte mir kürzlich jemand, wir müssten uns auf neue Zeiten einstellen. Der Regierungsrat präsentierte seinerseits das Budget 2016 mit einem operativen Defizit von gut 176 Millionen. Das sieht vorerst tatsächlich nach einem Kurswechsel für den Kanton aus, lässt aber ausser Acht, dass wir immer noch positive Spitzenplätze einnehmen. Beim sozialen Status der Bevölkerung stehen wir im Vergleich zu den anderen Kantonen ganz zuvorderst, nach Zürich und Genf. Dieser kann über den Statusindex über die Berechnung von sechs Indikatoren zu Bildung, Beruf und Einkommen gemessen werden. Ein anderer Zuger Spitzenrang zeigt sich  beim wirtschaftlichen Wachstum. Den jüngsten Zahlen des Bundesamtes für Statistik zufolge stieg nirgendwo sonst das Bruttoinlandprodukt (BIP) um mehr als 2,1 Prozent an, ausser eben in Zug mit einem Wachstum von 5,6 Prozentpunkten.

Leistungsabbau bei den Schwachen?
Wie sollen wir Zug nun in Zukunft «steuern», um den Finanzhaushalt wieder auszubalancieren? Es ist nicht grundsätzlich falsch, Leistungen und Ausgaben zu überprüfen. Leider wird aber mit Sparmassnahmen bei Bildung, Kultur, Sozialem, Gesundheit, Umwelt, Landwirtschaft die grosse Mehrheit der Bevölkerung zur Kasse gebeten. Und zynisch wird es, wenn Leistungen bei Älteren, Behinderten, Familien oder sozial Schwachen abgebaut werden, die es im Alltag direkt spüren, ohne dass vorher nicht andere Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Daher sind wir froh, dass die Regierung einschwenkte und Steuererhöhungen ins Auge fasst. Bisher wurden Steuern ja kontinuierlich gesenkt. Der Kanton Zug hat durch die verschiedenen Steuergesetzrevisionen seit 2001 Mindererträge in der Höhe von 1 Milliarde und 55 Millionen! Der Bund schlägt zudem künftig vor, Unternehmen mit der Einführung einer Patentbox zu erleichtern, mit der Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung von den Gewinnsteuern abziehen können. Das ermöglicht Unternehmen grundsätzlich, ihre Steuern faktisch auf Null zu setzen und so droht dem Zuger Finanzhaushalt weiteres Ungemach. Steuererhöhungen, die weder Mittelstand noch sozial Schwächeren wehtun, sind daher angezeigt.

Finanzen weiter ins Lot bringen
Der kleinste Vollkanton derSchweiz steht oft gross im Schaufenster, gerade wenn’s um das liebe Geld geht. Die Pflege von Offenheit und eines sozialen Miteinanders, aber auch das Bemühen um Redlichkeit und Verhältnismässigkeit müssen gerade auch 2016 gelten, wenn es im Kanton und den Gemeinden darum geht, den Finanzhaushalt weiter ins Lot zu bringen.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches neues Jahr.

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