Wahrhafte Sachpolitik statt Polemik

Populistische Politik von links bis rechts, und die damit einhergehende belanglose Berichterstattung sind «in». Kaum verwunderlich, nimmt die Politikverdrossenheit zu.

«Offenbar wird es in der gegenwärtigen Medienlandschaft zunehmend schwieriger, sich mit differenzierten Inhalten Gehör zu verschaffen.» Die NZZ brachte es kürzlich bei der Berichterstattung über eine Strassenaktion der CVP Schweiz ganz nebenbei auf den Punkt. Auch mir scheint: populistische Politik von links bis rechts, und die damit einhergehende belanglose Berichterstattung sind «in». Kaum verwunderlich, nimmt die Politikverdrossenheit zu. So ist bei den letzten Zürcher Regierungsratswahlen nicht mal jede dritte Person an die Urne gegangen.

Daher sollten sich politisch Tätige aus sämtlichen Lagern selbstkritisch hinterfragen: sachlich oder populistisch? Leider gehen Effekthaschereien durch Politik und Medien Hand in Hand. Mir scheint, manche JournalistInnen kreieren ihre Artikel ohne Vertiefung auf Grundlage von 160-Zeichen-Tweets. Online-Medien und «Live-Ticker» sind besonders anfällig; Persönliches und Nebenschauplätze von PolitikerInnen werden zu Tagesthemen ein SVPler, der im Ausland einkaufen geht, der Verkehrsunfall eines Freisinnigen, Intimitäten von Grünen oder ein Zuger Kantonsratspräsident der SP, der die gebrannten Wasser beim gemeinsamen Mittagessen streicht. Schön und gut. Doch Nebensächlichkeiten, repetitive Lügen oder Belanglosigkeiten ziehen die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen ab.

An gesellschaftlich relevanten Fragen mangelt es ja nicht: Inwiefern wirken sich die geplanten Sparmassnahmen auf Behinderte aus? Wie liesse sich der Anteil von weiblichen Führungskräften steigern? Ist das Bildungsniveau bei International Schools tatsächlich tief? Welches sind konkrete Massnahmen zur Linderung vom Zuger Wohnproblem? Migrantische Familien äussern, dass ihnen die Kinder entzogen werden, trifft das zu? Wie liesse sich die Arbeitssuche von älteren Arbeitnehmenden vereinfachen? Wie ist erklärbar, dass Zug schweizweit das höchste Wirtschaftswachstum hat, aber dennoch rote Zahlen schreibt? Warum haben wir in Zug keinen Tieranwalt? Was bedeutet es für die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte, wenn immer mehr Erwachsene unfreiwillig psychiatrisch untergebracht werden? Wie kommt es, dass eine Bauingenieurin regulär weit weniger verdient als eine Sozialarbeiterin?

Die Liste der wirklich relevanten Themen liesse sich noch verlängern. Gehen wir sie an.

Barbara Gysel

 

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