Kinder zu haben ist für Familien in der Schweiz ein Armutsrisiko: Über 200’000 Kinder und Jugendliche in der Schweiz leben in so genannten «Working Poor» Familien. Familien also, in denen die Eltern zwar arbeiten, aber trotzdem nicht genügend Geld für den Lebensunterhalt verdienen. Das ist kein Wunder, denn Eltern wenden für ihre Kinder im Lauf der Zeit mehrere hunderttausend Franken auf. So betrachtet, handelt es sich bei den Kinder- und Ausbildungszulagen, wie sie kürzlich zur Abstimmung gekommen sind, nur um den berühmten Tropfen auf den heissen Stein, zurücklehnen ist keinesfalls angesagt. Familien benötigen und verdienen eine systematische Unterstützung durch die Gesellschaft; das heisst es geht nicht nur um Geld, sondern um die Lebensumstände insgesamt. Es braucht Lohngerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. So entsteht die notwendige Flexibilität für Eltern, wenn es um Modelle der Kinderbetreuung geht. Zusätzlich verbessern sich die Aussichten, dass Familien ein Existenz sicherndes Einkommen erzielen können. Kürzlich wurde aus Wirtschaftskreisen die Forderung laut, Unternehmensgewinne von der Besteuerung zu befreien. Weit dringender scheint mir die Forderung nach substantiellen Steuerentlastungen für Familien. Diese sind am wirkungsvollsten, wenn Rabatte einkommensunabhängig den zu bezahlenden Steuerbetrag verringern. Dies stellt sicher, dass die Familien mit kleineren Einkommen am meisten entlastet werden. Geld allein macht nicht glücklich. Darum soll den Familien auch Unterstützung bei Betreuung und Erziehung angeboten werden. Die Angebote können privat organisiert sein (zum Beispiel Spielgruppen, Krippen, Kinderhütedienste), aber auch von der Gemeinde angeboten werden (zum Beispiel in Form von Tagesschulen, Horten, Mittagstischen). Daneben sind Anlaufstellen für Familien, Kinder und Jugendliche notwendig. Neben dem Angebot darf ruhig auch die Nachfrage gefördert beziehungsweise sogar gefordert werden. Nicht zuletzt benötigen Kinder und Jugendliche für eine gesunde Entwicklung eine Umwelt, die lebensfreundlich ist und Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Wenn mit den geschilderten Massnahmen auch nur ein Vorkommnis wie die empörende Gruppenvergewaltigung eines Mädchens durch eine Jugendbande verhindert werden kann, dann sind sie gerechtfertigt.