«Mehrwert für alle», Änderung des Steuergesetzes

Vernehmlassung «Mehrwert für alle», Änderung des Steuergesetzes, neuntes Revisionspaket. Stellungnahme der SP Kanton Zug

Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Damen und Herren

Die SP Kanton Zug bedankt sich für die Möglichkeit, an der Vernehmlassung zum zur neunten Teilrevision des Zuger Steuergesetzes teilnehmen zu können. Wir sehen die Vorlage sehr kritisch.

Grundsätzliche Bemerkungen

Wir sind überrascht, dass die Regierung mit dem Titel einer «SP-Initiative» für eine Gesetzesvorlage wirbt. Wenn sie das tut, dann muss sie nach Ansicht der SP auch wirklich darauf schauen, dass für alle ein Mehrwert geschaffen wird.

Wir beurteilen die Ausgangslage anders als die Regierung und verstehen den Kanton Zug nicht bloss als finanziell gut aufgestellten Stand. Vielmehr beanstanden wir das System, Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen fortwährend steuerlich besserzustellen und Unternehmen zu gestatten, sich möglichst wenig an der Finanzierung öffentlicher Leistungen beteiligen zu müssen. Wir lehnen diese Herangehensweise aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Ebenfalls lehnen wir es ab, dass der Preis für diese Politik aufgrund der steigenden Wohnkosten von breiten Teilen der Bevölkerung und namentlich der Mehrheit der Mieterinnen und Mieter bezahlt wird. Für viele Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ist der Kanton als Wohnort im gesamtschweizerischen Vergleich erwiesenermassen finanziell unattraktiv. Grundsätzlich erscheint es uns deshalb angezeigt, von einer weiteren Besserstellung von vermögenden Personen und Unternehmen abzusehen und stattdessen Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen zu unterstützen. Es gilt, den Kanton Zug zu einem für den Mittelstand attraktiven Ort zu machen.

Weil mit der titelerwähnten Vorlage genau der von uns monierten Entwicklung weiter Vorschub geleistet wird, lehnen wir sie ab. Wir bitten die Regierung deshalb, von der Vorlage abzusehen und die finanziellen Ressourcen des Kantons stattdessen für den weitaus verstärkten Ausbau des Stipendienwesens, der familien- und schulergänzenden Betreuung, der Prämienverbilligungen und insbesondere des gemeinnützigen Wohnbaus zu verwenden. Der Kanton Zug kann die Bekämpfung der Armut, mehr gemeinnützige Wohnungen und echte Bildungsgerechtigkeit dank der Überschüsse verkraften. Das Geld aus Überschüssen scheint uns für Investitionen in den öffentlichen Verkehr sowie im asyl- und migrationspolitischen Bereich oder aber für den Umgang mit dem demografischen Wandel und den Folgen des Klimaerwärmung weitaus besser angelegt.

Weiter verweisen wir auf internationale Bestrebungen, den weltweiten Steuerwettbewerb einzuschränken. Wir finden solche Bemühungen im Grundsatz richtig und laden den Regierungsrat ein, künftig von befristeten oder unbefristeten Senkungen des Steuerfusses abzusehen. Die dadurch eingesparten Mittel sind auf die nachhaltige Weiterentwicklung der entscheidenden Standortbedingungen eines Hochlohnlandes auszurichten. Darunter verstehen wir qualifizierte Arbeitskräfte, attraktive Lebensqualität sowie leistungsfähige Infrastrukturen. Für den Kanton Zug sind klimaneutrale Verkehrsanschlüsse an nahe gelegene Bevölkerungszentren von grösster Bedeutung. Wir sind uns bewusst, dass mit diesen Projekten erhebliche Kosten verbunden sind. Auch deshalb möchten wir auf die Steuersenkungen verzichten, zumal gemäss Jahresrechnung 2023 aufgrund der 8. Teilrevision des Steuergesetzes ab 2024 bereits steuerliche Mindererträge von 130 Millionen Franken erwartet werden.

Abschliessend weisen wir auf folgenden Umstand hin: Nach einer Umsetzung der titelerwähnten Vorlage würde der Kanton Zug sein Ressourcenpotenzial in einem bedeutend geringeren Ausmass abschöpfen, zugleich aber unvermindert in den nationalen Finanzausgleich einzahlen und weitere Steuereinnahmen aufgrund des bei der OECD-Ergänzungssteuer geltenden Verteilschlüssels an den Bund abtreten. Wir würden es begrüssen, wenn auch Zuger:innen vom lokal abschöpfbaren Steuersubstrat stärker profitieren würden – etwa über eine im erheblichen Umfang ausgebaute Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Konkrete Anliegen

Titel der Vorlage («Mehrwert für alle»)

Sollte der Regierungsrat an der Vorlage in der bestehenden Form festhalten, fordern wir eine Änderung des Titels. Dieser umschreibt das Ziel des Pakets, Entlastungsmassnahmen für steuerzahlende Einwohnerinnen und Einwohner zusammenzufassen, unzureichend sachgemäss. Ausserdem erinnert der Titel zu stark an die von der SP Kanton Zug lancierte Mehrwert-Initiative, welche zum Ziel hat, dass alle Zuger:innen vom durch Verdichtung geschaffenen Mehrwert  profitieren. Somit wird es für die Wähler:innen unklar, um welche Initiative respektive Gesetzesänderung es sich handelt. Dies sollte auch klar im Interesse der Zuger Finanzdirektion sein.

Befristete Senkung des Kantonssteuerfusses

Wir lehnen diese Änderung des Steuergesetzes aus den genannten grundsätzlichen Erwägungen ab. Zudem lehnen wir diese Massnahme aus den folgenden Gründen ab:

  • Bei natürlichen Personen kommt es gemäss Vorlage zu steuerlichen Mindererträgen im Umfang von 128 Millionen Franken. Gemäss Sozialbericht 2022 sind die Einkommen ungleichmässig verteilt. So verfügen über 11 Prozent der Steuerpflichtigen über gar kein steuerbares Einkommen. Insbesondere von der Senkung des Kantonssteuerfusses würden hingegen die 0,6 Prozent der Steuerpflichtigen profitieren, welche ein Einkommen von 1 Million Franken oder mehr versteuern. Wir sehen bei dieser Personengruppe keinen Bedarf für Entlastungen. Im Gegenteil: Sie wird in Zug steuerlich bereits sehr stark privilegiert und ihr sind auch in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit mehrfach steuerliche Besserstellungen zuteilgeworden.
  • Bei den juristischen Personen kommt es gemäss Vorlage zu steuerlichen Mindererträgen im Umfang von 64 Millionen Franken. Wir befürchten, dass die Ausfälle grösser sein werden und, sofern die OECD-Ergänzungssteuer wirksam greift, ohnehin vorwiegend Unternehmen mit Umsätzen in einem dreistelligen Millionenbereich profitieren werden. Wir empfehlen, statt Steuererleichterungen nach dem Giesskannenprinzip besser Investitionen zu prüfen, welche ausschliesslich Selbstständigen, kleinen Unternehmen und lokalen Gründungen zugutekommen.

Generell erscheint uns die Begründung, es gelte bei Einkommensmillionär:innen und grossen Unternehmensgruppen die gestiegenen Lebenshaltungskosten mittels einer Senkung des Steuerfusses abzufedern, wenig stichhaltig.

Steuerliche Abbildung gestiegener Krankenkassenprämien für die ganze Bevölkerung

Wir unterstützen das sozialpolitische Anliegen, Menschen von hohen Krankenkassenprämien zu entlasten. Der Vorschlag, dies über Steuerabzüge zu tun, erscheint uns aber als untauglich, weil damit Personen mit höheren Einkommen stärker begünstigt würden als jene mit Einkommen an der unmittelbaren Grenze zum Anspruch auf Prämienverbilligungen. Gemessen am erklärten Ziel ist die vorgeschlagene Massnahme deshalb zu wenig zielgenau und führt überdies zu vermeidbaren Mitnahmeeffekten und belastet die Gemeinden mit steuerlichen Mindererträgen.

Wir empfehlen deshalb, auf diese Änderung des Steuergesetzes zu verzichten und stattdessen kantonale Massnahmen zu treffen, mit welchen Krankenkassenprämien in ein Verhältnis zum Einkommen gesetzt werden, welches für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen tragbar ist.

Steuerliche Entlastung für Rentnerinnen und Rentner

Wir unterstützen das sozialpolitische Anliegen, die Kaufkraft von Rentnerinnen und Rentner zu erhalten. Ebenfalls können wir der Argumentation der Regierung folgen, wonach eine gezielte Unterstützung bei der Alterspolitik und bei direkten finanziellen Transferleistungen ansetzen müsse. Wir empfehlen deshalb, entsprechende Massnahmen zu treffen und auf diese Änderung des Steuergesetzes zu verzichten.

 

Abschliessend fragen wir uns ernsthaft, ob die Regierung eine Übersicht über die angestossenen finanzpolitischen Massnahmen hat. Es laufen parallel mehrere Vernehmlassungen und Ankündigungen für Entlastungen, Investitionen, respektive Gesetzesänderungen. Die SP Kanton Zug erkennt kein Gesamtbild hinter den angestrebten Massnahmen. Deshalb wollen wir wissen, wie der Stand bei den Leuchtturmprojekten, dem Projekt Zug+, dem GSE und so weiter ist und wie die Zahnräder dieser angekündigten Grossprojekte ineinandergreifen. Wir erwarten von der Regierung, bei den einzelnen Vernehmlassungen, Gesetzesänderungen, Entlastungspakete und angestrebten Investitionsprojekte der Bevölkerung, den Parteien und dem Kantonsrat ein Gesamtbild zu präsentieren. Nur so können die einzelnen Teilprojekte richtig eingeschätzt und im Grossen und Ganzen abgewogen werden.

Wir danken Ihnen für die Möglichkeit zur Stellungnahme und bitten Sie, unsere Überlegungen in die Weiterbearbeitung einfliessen zu lassen.

 

Freundliche Grüsse
Sozialdemokratische Partei
SP Kanton Zug

15. September 2024

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