Stellungnahme der SP Kanton Zug: Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes vom 1. Juli 2004 (Energiegesetz; BGS 740.1); zweite Vernehmlassungsrunde
Die SP Kanton Zug bedankt sich für die Möglichkeit, an der Vernehmlassung des zweiten verwaltungsexternen Vernehmlassungsverfahrens zur Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes teilnehmen zu können.
Vorab möchten wir auf folgende Aspekte aufmerksam machen:
- Wir bedauern ausdrücklich die kurze Vernehmlassungsfrist von gerade mal vier Wochen, wovon zwei Wochen in die Schulferien fallen, insbesondere unter Berücksichtigung der doch komplexen Materie. Obschon wir den zügigen Abschluss der Teilrevision begrüssen, möge der Regierungsrat künftig ohne zwingende Gründe unbedingt auf derart kurze Fristen verzichten!
- Vertretungen der SP Kanton Zug und der Alternative – die Grünen haben sich zur Entwicklung dieser Stellungnahme zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen und sich zudem mit externen Fachpersonen ausgetauscht. Ergebnis der Zusammenarbeit sind (bewusst) ähnlich lautende Stellungnahmen.
- Der von der Regierung vorgelegte Infras-Bericht vom 24. Januar 2022 beurteilen wir als wichtige Informationsgrundlage und bedanken uns dafür. Der Zugang dazu sei allerdings insbesondere auch im Hinblick auf die kantonsrätliche Beratung für die Kantonsratsmitgliedern noch zu vereinfachen (aktuell ausschliesslich über eine wenig spezifische URL, nämlich www.zg.ch/energiefachstelle, im RR-Bericht und Antrag auf S. 4).[1]
Prinzipiell könnte sich die SP Kanton Zug inhaltlich für die Lösung des Kantons Glarus aussprechen: die Landsgemeinde des Kantons Glarus hat am 5. September 2021 einem Verbot von Öl- und Gasheizungen beim Heizungsersatz in bestehenden Bauten zugestimmt. Für unsere Umwelt ist dieser Beschluss sicher die optimale Variante. Realistischerweise gehen wir für den Kanton Zug leider nicht davon aus, dass dieser Grundsatz bei uns mehrheitsfähig ist. Daher fokussieren wir die folgenden Aspekte.
Grundsätzliche Anmerkungen:
- Die SP Kanton Zug geht von einem erheblichen Handlungsbedarf beim Ersatz von fossil betriebenen hin zu erneuerbaren Heizsystemen aus. Das negiert auch die Regierung nicht: «Noch immer werden drei Viertel der Gebäude im Kanton Zug fossil, das heisst mit Öl oder Gas beheizt. Sie verursachen hohe CO2-Emissionen. Wer seine alte Öl-, Gas- oder Elektroheizung ersetzt, sollte daher im Hinblick auf den Klimaschutz möglichst ein erneuerbares System wählen» (aus: Medienmitteilung der Baudirektion Kanton Zug vom 13. Januar 2022)[2]. Dies wäre unabdingbar, um die energie- und klimapolitischen Ziele des Bundesrates (namentlich Netto-Null-Ziel 2050 / Pariser Abkommen) zu erreichen und der Verantwortung der Kantone nachzukommen.
- In technischer Hinsicht gehen wir davon aus, dass die Nutzung erneuerbarer Energien nahezu in jedem Fall möglich ist und dass der Ersatz von Öl- oder Gasheizungen sowie von Elektrodirektheizungen längerfristig auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll ist. Bekannte Ausnahmen (z.B. denkmalgeschütztes Haus in einer Kernzone, ohne Umschwung und ohne Anschlussmöglichkeit an ein Nah- oder Fernwärmenetz) sind an geeigneter Stelle zu definieren.
- Die Regierung legt in Bericht und Antrag verschiedene Varianten zu §4c vor, die sich auf die Untersuchung von Infras abstützen, namentlich die Varianten 1a, 1b und 2.
Die Umschreibung der Regierung (S. 3), dass bei den Methoden 1a und 1b eine «Pflicht» bestehe, bei Variante 2 aber keine, ist aus unserer Sicht nicht belegbar. Wir beurteilen die Sanierungspflicht bei Variante 2 deutlich höher als bei 1a und 1b. Die MuKEn hat immer Lösungsvarianten. Das sei dringend zu korrigieren. - Die SP trägt den von der vorberatenden Kommission erarbeiteten Vorschlag mit. Da die Variante 1b «angepasst» (also inklusive Förderung) ökologisch und ökonomisch am besten abschneidet, ist 1b «angepasst» unsere klare Favoritin. Wie und warum wir zu dieser Vorzugsvariante kommen, lässt sich aus der beiliegenden Tabelle ersehen. Diese haben wir gemeinsam erstellt und verabschiedet. Gemäss unserer Beurteilung ist Variante 2 keine «brauchbare» Alternative.
- Die SP Kanton Zug unterstützt explizit das Schaffen und Bereitstellen von entsprechenden Fördermitteln, gerade auch, um einzelnen Eigentümern und Eigentümerinnen ohne entsprechende finanzielle Liquidität die Umstellung zu ermöglichen. Angesichts der positiven finanziellen Lage des Kantons sollte dies machbar sein.
Ebenso befürwortet die SP Kanton Zug, auch mittel- und längerfristig weitere Finanzierungsmodelle flankierend zu prüfen (siehe etwa auch Verweis auf die Forschungsbestrebungen der Hochschule Luzern, erwähnt in der Stellungnahme vom WWF Zug, S. 3).
Weitere Bemerkungen:
- In der kommenden Vorlage oder bei den Detailerläuterungen sei kompakt aufzuzeigen, wie der Förderbedarf von Fr. 8.6 Mio., Fr. 4.4 Mio. (zweimal) und Fr. 3.6 Mio. pro Jahr jeweils berechnet wird (gestützt auf die Grundlagen im Infras-Bericht). Ebenfalls sei nach erfolgter Variantenwahl das betreffende Szenario unter Berücksichtigung neuer/aktualisierter Annahmen zu optimieren.
- Finanzielle Auswirkungen auf die Gemeinden: «Mit den vorliegend vorgesehenen kantonalen Fördermassnahmen ist davon auszugehen, dass die Gemeinden ihre Beiträge einstellen oder zumindest reduzieren werden» (S. 6 Bericht und Antrag RR). Es soll im Bericht ausgewiesen werden, wie hoch die aktuellen Beiträge der verschiedenen Einwohnergemeinden gemäss dem Budget 2022 sind.
- Der Auftrag in der Motion der Stawiko umfasste die «Berücksichtigung der Förderlandschaft (Bund, Gemeinden und weitere)», siehe auch S. 2 von RR-Bericht und Antrag.[3] Wir stellen fest, dass neben den Gemeinden auch «weitere Akteur:innen» resp. private Förderprogramme undefiniert bleiben. Es ginge ja nicht ausschliesslich um die Förderquantität («wie gross sind die Förderprogramme?»), sondern auch die Koordination der qualitativen Förderziele («was wird gefördert?»). Es ist der SP ein Anliegen, dass eine sinnvolle Koordination auf den verschiedenen föderalen Ebenen gewährleistet ist.
- Die Staatswirtschaftskommission forderte in ihrer Motion «Gleichzeitig sei eine entsprechende Gesetzesvorlage betreffend Heizungsersatz und Förderprogramm (§§ 4c und 5) vorzulegen. Der Bericht Zusatzbericht und -antrag des Regierungsrates, geht mit keinem Wort auf die geforderte Gesetzesvorlage zum Förderprogramm ein. Es wird auf den Budgetbedarf pro Jahr bei den verschiedenen Varianten verwiesen: dies entspricht keinesfalls einer Gesetzesvorlage betreffend Förderprogramm. Im Bericht sei aufzuzeigen, wieso der Regierungsrat dieses Förderprogramm via laufende Rechnung und nicht mit einem eigenem Kantonsratsbeschluss umsetzen will.
- Mit einem jährlichen Budgetbedarf, unabhängig von welcher Variante, kann prinzipiell nur eine bestimmte Anzahl von Objekten unterstützt werden. Ist der Budgetbedarf ausgeschöpft, können entweder im laufenden Jahr keine zusätzlichen Objekte mehr unterstützt werden oder es müsste von der Baudirektion ein Nachtragskredit beantragt werden. Es sei deshalb ein eigener Kantonsratsbeschluss für einen Gesamtkredit / Globalkredit für dieses Förderprogramm auszuarbeiten (z.B. bei einem jährlichen Bedarf von Fr. 4.4 Mio. x 10 Jahre (2023-2032) von Fr. 44 Mio.).
- Das Förderprogramm soll für die Jahre 2023 bis 2032 gelten. Im kommenden Bericht sei aufzuzeigen, wie viele Gebäude schätzungsweise im Jahre 2033 noch nicht saniert sein werden im Sinne einer Hochrechnung. Von der Regierung sei zu skizzieren, wie der Wirksamkeitsgrad verfolgt wird (Monitoring). Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den allerersten Abklärungsauftrag aus der vorberatenden Kommission (Kommissionsbericht vom 8. April 2021, S. 2), der ähnliche Wissensbedürfnisse zeigt.
- Grundsätzlich legt die SP Kanton Zug Wert darauf, dass der gesamte Gebäudepark und nicht ausschliesslich Wohnbauten erfasst werden. Wir verweisen dazu auch auf die Ausführungen der Regierung im Rahmen der Kommissionsberatung (Kommissionsbericht vom 14. April 2021, z.B. S. 10 und 19).
- «Mehraufwand für die Vollzugsbehörden» (S. 5 Bericht und Antrag RR): Der Regierungsrat legt keinerlei Belege dafür vor, warum der Nachweis und die Kontrolle so aufwändig sein sollen gerade auch im Vergleich der verschiedenen mit Muken2014 zur Verfügung stehenden Standardlösungen.
- Die erwähnte Medienmitteilung der Baudirektion vom 13. Januar 2022 weist auf die zusätzlich beschlossenen Fördermittel im Rahmen des Gebäudeprogramms hin. Wir regen an, weiterhin gezielt zielgruppenadäquate Informationsmassnahmen zuhanden der Bevölkerung zu planen und umzusetzen.
Wir bitten Sie, unsere Anregungen bei der weiteren Bearbeitung der Teilrevision zu berücksichtigen und danken nochmals für die Möglichkeit der Vernehmlassung. Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüsse
Barbara Gysel, Präsidentin
Alois Gössi, Fraktionschef Kantonsrat
Anhang:
Beurteilungsmatrix der ALG und der SP (pdf)
[1] Direktlink wäre: https://www.zg.ch/behoerden/baudirektion/amt-fuer-umwelt/a-bis-z-publikationen/berichte/energie-klima/foerderprogramm-heizungsersatz-kanton-zug.pdf
[2] Online hier zu finden: https://www.zg.ch/behoerden/baudirektion/amt-fuer-umwelt/aktuell/foerderbeitraege-neu-auch-fuer-erneuerbare-heizungen, Hervorhebung durch die SP Kanton Zug
[3] Hervorhebung durch die SP Kanton Zug.
- Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes. Kantonsrat Zug, Geschäft #3185
- Förderprogramm Heizungsersatz und Finanzbedarf 2023 bis 2032, Schlussbericht. Infras im Auftrag der Baudirektion Kanton ZG, 24. Januar 2022
- Förderbeiträge für erneuerbare Heizungen. Medienmitteilung Baudirektion Kanton Zug, 13. Januar 2022
- Teilrevision Energiegesetz. Vernehmlassungsantwort der SP Kanton Zug, 20. Februar 2022 (pdf)