Rechenschaftsberichte der Justiz, Steuersenkungen und Ladenöffnungszeiten

Bericht der SP Fraktion zur Kantonsratssitzung vom 27. August 2020

Eine Schulklasse mit Menschen mit einer Hörbehinderung besuchten am Morgen die Kantonsratssitzung, welche weiterhin in der Dreifachturnhalle der Kantonsschule Zug stattfand. Sie konnten sich letzte Woche mit der Kantonsratspräsidentin treffen und erhielten so erklärende Informationen, wie und was an der Ratssitzung läuft. Zwei Gebärdenübersetzerinnen übersetzten die Voten und alle weiteren Erklärungen, welche während der Sitzung geäussert wurden.

Rechenschaftsbericht des Obergerichts
Das Obergericht ist fachlich zuständig für die beiden «unteren» Gerichte (Kantons- und Strafgericht), für die Staatsanwaltschaft inkl. Jugendanwaltschaft, die Schlichtungsbehörde Arbeitsrecht, Schlichtungsbehörde landwirtschaftliche Pacht, die Friedensrichter- und Betreibungsämter in den Gemeinden, das Konkursamt sowie das Amt für Justizvollzug. Die Justizprüfungskommission (JPK) hat die Aufgabe die Oberaufsicht für den Kantonsrat vorzubereiten und einen entsprechenden Bericht vorzulegen. Wegen der Corona-Pandemie entschied die Mehrheit der JPK, keine persönlichen Gespräche mit den div. Stellen zu führen. Einzig mit den Vertretern des Obergerichts fand ein physisches Gespräch statt. Ich bin Mitglied der JPK und konnte dieses Vorgehen unterstützen. Die CVP war mit dieser Art der Visitation nicht einverstanden und monierte dies erneut im Ratsplenum.
Der JPK-Präsident erläuterte in seinem Votum den Bericht und wies auf wichtige Punkte hin. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass alle Ratsmitglieder diese Berichte bereits gelesen haben. Ich forderte in meinem Votum, dass die aufgezeigte hohe bis sehr hohe Belastung nur mit einer entsprechenden Stellenaufstockung begegnet werden kann. Es darf nicht sein, dass Mitglieder und Mitarbeitende der Gerichte über längere Zeiten an Abenden und Wochenenden arbeiten müssen und zusätzlich wichtige Projektarbeiten wegen der Arbeitslast nicht angepackt werden können. Hier ist sparen der falsche Ort. Denn eine intakte, gut funktionierende Justiz ist ein wichtiger Pfeiler unserer Demokratie. Dies soll auch in Zukunft so bleiben. Dafür müssen wir uns jetzt einsetzen und nicht erst dann, wenn ein «Scherbenhaufen» oder Kündigungen vorliegen. Der Kantonsrat bewilligte fürs Budget 2021 weitere zusätzliche Stellen bei der Polizei, was zu Mehrarbeit bei den nachfolgenden Stellen führt. Deshalb darf kein «Flaschenhals» entstehen. Die vollständigen Berichte können unter diesem Link angeschaut werden.

Die Berichterstattung zur Visitationen der JPK der Ombudsstelle, der Datenschutzstelle und des KESB erfolgte ähnlich wie beim Obergericht. Ein grosser Arbeitsanfall besteht auch bei der Datenschutzstelle. Dies liegt einerseits daran, dass die Gesetze und Vorgaben des Bundes detaillierter und umfassender werden und andererseits die Digitalisierung rasant zunimmt. In beiden Bereichen muss die Datenschutzstelle ihren fachlichen Input beisteuern. Ich forderte auch hier auf das Budget 2021 eine Stellenerhöhung. Der Bericht der KESB zeigt deutlich auf, dass diese Behörde nun seit rund 7 Jahren an der Arbeit bestens funktioniert. Von sechs Beschwerden ans Verwaltungsgericht wurde lediglich eine gutgeheissen. Es erfolgte ein Wechsel der Leitung, da Gabrielle Zlauwinen pensioniert wurde. Für mich ist es sehr wichtig, dass auch die JPK eine Visitation der KESB durchführt. Es geht dabei nicht nur um die Kontrolle. Mit der Visitation erhalten mehr Kantonsratsmitglieder Einblick in die komplexe und umfassende Arbeit der KESB und damit erhöht sich das Verständnis für diese Aufgabe.

Bürgerliche Jungparteien reichten am 30. September 2019 die Initiative für längere Ladenöffnungszeiten ein. Sie fordert, dass die Läden rund eine Stunde länger geöffnet haben dürfen. Die Initiative wurde von der Regierung und einer kantonsrätlichen Kommission behandelt. Der Gegenvorschlag will eine vollständige Liberalisierung. Das heisst, die Läden dürften von morgens 6 Uhr bis abends 23 Uhr öffnen. Eine rund   90- Minütige Debatte entwickelte sich zu diesem Thema, die Parteizugehörigkeit spielte keine grosse Rolle. Die Befürwortenden der totalen Freigabe argumentierten, dass sich die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden geändert hätten, dass damit weitere «sinnvolle» Teilzeitstellen geschaffen würden und dass das Geld im Kanton ausgegeben würde. Weiter könnte auch eine Belebung der Stadt stattfinden. Für mich sind diese Überlegungen zu wenig gewichtig, denn mit einer Freigabe wird das Familienleben gestört, das Vereinsleben beeinträchtigt und die Kosten für den Detailhandel erhöht. Weiter können Angestellte von ihren Arbeitgebenden unter Druck kommen, falls sie nicht bereit wären, die zusätzlichen Stunden zu leisten. Weiter besteht die Gefahr, dass die Löhne nach unten angepasst würden, die soziale / finanzielle Absicherung würde verwässert. Die gesellschaftlichen Folgen wären höher, als deren Gewinn.
Ich erwähnte in meinem spontanen Votum, dass der Bedarf in der Stadt Zug bereits heute nicht bestehe, dies zeige die Frequenzen beim Abendverkauf. Weiter müssten die Kunden dann nebst der Einkaufsliste auch eine Liste der Öffnungszeiten der Läden führen und diese beiden Listen synchronisieren.  Ob dies dann Kundenfreundlich ist, bezweifle ich sehr.
Das Abstimmungsprozedere war bei diesem Geschäft relativ komplex. Wenn die Initiative (eine Stunde mehr) vom Kantonsrat angenommen wird, gibt es keine Volksabstimmung. Unser Ziel war, dass diese Vorlage vom Volk entschieden werden kann (wurde bereits zweimal abgelehnt).
Mit 46:25 wurde die Initiative abgelehnt. Der Gegenvorschlag wurde mit 35:37 abgelehnt. Ich stimmte beide male mit nein. Ende Oktober 20 wird es eine 2. Lesung geben.

Auf die 2. Lesung der Änderung des Steuergesetzes betreffend Massnahmen zur Bewältigung des Coronavirus: Senkung des Kantonssteuerfusses von 82 auf 80 Prozent für die Steuerjahre 2021-23; Erhöhung der persönlichen Abzüge (dauerhaft), Ausbau und Vereinfachung des Mieterabzugs (dauerhaft) ging der Antrag ein, dass die Steuersenkung nicht vollzogen werden soll. Die Debatte wurde nicht wirklich intensiv geführt, die Meinungen waren gemacht. Die Bürgerlichen wollen diese Reduktion (immer noch mit dem Argument, dass damit den Leuten geholfen wird in der Coronazeit). Für uns ist es einfach eine Steuersenkung für Reiche und sehr Reiche. Hier soll das Giesskannenprinzip gelebt werden, sonst wird es ja besonders von den Bürgerlichen angefeindet. Denn wenn Firmen und Leute weniger Einnahmen wegen dem Virus haben, müssen sie ja sowieso weniger Steuern zahlen.
Die Abstimmung zeigte es eindrücklich: 53 stimmten dafür, 18 dagegen, bei der Schlussabstimmung waren es dann 54 dafür und 17 dagegen.
Auch das Behördenreferendum hatte keine Chance. Dazu braucht es 1/3 der Ratsmitglieder, also 27 Stimmen. Es wurde mit 52:18 abgelehnt. Nun werden wir die nötigen 1’500 Stimmen sammeln, damit das Volk den definitiven Entscheid fällen kann.

Folgende Vorstösse wurden an die Regierung überwiesen:

Bericht-Motion betreffend den Umgang des Kantons Zug mit der Bewältigung der COVIS-19-Krise

Postulat betreffend Förderung des Homeoffice bei Zuger Unternehmen

Interpellation betreffend Autoposer und übermässiger Motorenlärm

Interpellation betreffend Projekt Kantonsstrasse Alpenblick-Kollermühle

Interpellation betreffend Kulturförderung im Kanton Zug – mit besonderen Herausforderungen durch COVID-19

Interpellation betreffend Massnahmen gegen die invasive Quaggamuscheln, für den Zuger- und Ägerisee und die Fliessgewässer im Kanton Zug

Petition betreffend Liberalisierung von Homeschooling im Kanton Zug (diese wurde direkt an den Regierungsrat überwiesen)

Dann wurden noch zwei Petitionen eingereicht zum System Langzeitpflege und Einreichung einer Standesinitiative betreffend Änderung der Begriffe «Hilfslosigkeit und «Hilflosenentschädigung» bei der Bundesgesetzgebung. Diese Begehren werden von der engeren JPK behandelt.

Ebenfalls die Aufsichtsbeschwerden betreffend Spitalgesetz und der Konferenz der Langzeitpflege

Folgende weitere Traktanden wurden behandelt:

Patrick Röösli wurde als neuer CPV-Kantonsrat vereidigt (Nachfolge von Manuela Lehmann).

Kantonsratsbeschluss betreffend Genehmigung vorgezogener Budgetkredite 2021-203 für die individuelle Prämienverbilligung in der Krankenversicherung: 2. Lesung 71:0 angenommen

Kantonsratsbeschluss betreffend Kreditausfallgarantie zugunsten der Zuger Kantonalbank und weiteren Banken im Kanton Zug infolge des Coronavirus: 2. Lesung 68:0 angenommen

Kantonsratsbeschluss betreffend Bürgschaften zur Sicherung von Bankkrediten an qualifizierte Startup-Unternehmen: 2. Lesung 61:7 angenommen

Motion betreffend adaptive Leistungstest während der obligatorischen Schulzeit an den gemeindlichen Schulen des Kantons Zug
Diese Motion wird stillschweigend in ein Postulat umgewandelt. Nach einer ausführlichen Debatte wird das Postulat dem Bildungsrat zur Umsetzung überwiesen.

Motion betreffend mehr Kompetenz und Flexibilität an die Gemeinden im Führen der Oberstufe nach deren Bedürfnissen Die Motion wird mit 59:10 erheblich erklärt. Ich stimme ebenfalls zu.

Postulat betreffend Förderung der Eigenverantwortung bei der Integration durch die Möglichkeit der Kostenbeteiligung für Kulturvermittler und Dolmetscher an den Schulen
Das Postulat wird mit 45:16 nicht erheblich erklärt (ich stimme ebenfalls dagegen), 5 enthielten sich der Stimme.

Am Schluss beantragte die Kantonsratspräsidentin, dass das Büro die Kompetenz erhält, die Sitzungsorte bis Ende Januar 2021 eigenständig zu bestimmen. Damit wird der Aufwand für die Verwaltung und die Kantonsschule vereinfacht. Mit 50:12 wird diese Kompetenz delegiert.

Die detaillierten Abstimmungsergebnisse können nach ca. 3-4 Arbeitstagen unter https://www.zg.ch/behoerden/kr/abstimmungsergebnisse-kantonsrat abgerufen werden.

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