Zuger Zeitung vom 11. Juli 2020: Zuger Ansichten
Die Sommertage sind bei uns eingetroffen. Viele Menschen bleiben situationsbedingt in der Schweiz und haben sich entschieden die Natur, die Berge, die Umgebung zu erkunden. Die Alpenwelt trumpft mit spektakulären Erlebnissen und Bildern auf. Landschaft, Berge, Tierwelt und die ganze Pflanzenvielfalt können im Flachland fast nirgends mehr erlebt werden. Dabei sind die vielen unterschiedlichen, bunten Schmetterlinge oder Blütenfarben sicher nur ein kleiner Ausschnitt dieser Vielfalt. Wie entsteht nun diese Fülle in den abgelegenen Talschaften oder auf den Berghängen? Der natürliche Kreislauf wird dort durch den Menschen wenig beeinflusst.
Mitte Juni 2020 sah ich im Schweizer Fernsehen den Dok-Film «Die Rückkehr der Wölfe – das Wunder im Yellowstone». Die Wölfe siedelten sich im Yellowstone wieder an. Nach 10 Jahren stellte die naturwissenschaftliche Begleitung der Parkverwaltung fest, dass sich die Biodiversität massiv erhöhte. Ich kann nachvollziehen, dass sich der Bestand von Gabelböcken, Wapiti oder Elchen reduzierte, obwohl die Anzahl der Wolfsrudel in keinem Verhältnis zur massiven Ausbreitung der oben ausgeführten Tiere ist. Der Filmbericht legt dar, wie die Ansiedlung der Wölfe sich auf die Population des Fuchses oder des Weisskopfadlers auswirkte. Am meisten faszinierte mich jedoch die Darlegung, weshalb die Insekten und Pflanzenvielfalt im Nationalpark stark zunahm. Mit der Eindämmung der pflanzenfressenden Säugetiere (welche vorher keine natürlichen Feinde hatten), konnte sich die Pflanzendecke bis hin zu den Bäumen besser entfalten. Mit der gesteigerten Pflanzenvielfalt kehrten Insekten zurück und damit auch deren «Feinde» wie insektenfressende Singvögel oder Eidechsen. Der Kreislauf schliesst sich, der Nutzen trägt die Natur mit einer hohen Biodiversität.
Nun was hat das mit unserer Bergwelt zu tun? Im September können wir über das revidierte Jagdgesetz abstimmen. Seit der Rückkehr des Wolfes in die Schweizer Bergwelt entstand eine Polemik, welche teilweise sehr emotional geführt wird. Diese Diskussion sollte möglichst sachlich und ausgewogen geführt werden. Mit dem neuen Jagdgesetz wird jedoch eine Vielzahl von zusätzlichen Paragrafen geändert, welche unnötig sind. So sollen die Kantone in Zukunft über die Regulierung von geschützten Beständen (nicht nur Wölfe sondern auch Biber, Luchse oder Höckerschwäne etc.) entscheiden können. Dies würde einen unübersichtlichen Flickenteppich ergeben, was sicher nicht lösungsorientiert ist. Die Tiere, welche abgeschossen werden dürften, halten sich sicher auch nicht an Kantonsgrenzen, deshalb ist eine klare Regelung des Bundes nötig, so wie es bis anhin ist.
Weiter dürfen geschützte Bestände bereits bei irgendwelchen, möglicherweise in Zukunft eintreffenden Schäden abgeschossen werden. Nutztierhalter müssten keine Schutzmassnahmen ergreifen, damit ein möglicher Verlust durch Wildtiere verhindert werden könnte. Herdenschutzmassnahmen bei Schafen haben sich als sehr wirksam gegen Angriffe von Wölfen erwiesen. Dieser präventive Schutz oder andere Massnahmen müssten überall zuerst ergriffen werden bevor ein Abschuss bewilligt würde. Dies wird aber nicht explizit im Gesetz verlangt.
Deshalb sage ich am 27. September 2020 NEIN zur Revision des Jagdgesetzes. Es soll zurück an den Absender gehen, damit ein besserer Vorschlag für unsere Natur unterbreitet wird.