Wir leben bekanntlich in einem besonders wirtschaftsfreundlichen Kanton
mit einer langjährigen Tiefststeuer-Politik. Nun gebietet die aktuelle Wirtschaftslage eigentlich ein Überdenken dieser Politik – nicht zuletzt aufgrund
der neusten Wirtschaftszahlen, die nicht rosig sind: Bis 2016 wird im Kanton ein
Defizit von rund 26 Millionen Franken prognostiziert. Dennoch soll das Zuger
Sparziel im unlängst an gekündigten 100-Millionen-Sparpaket nicht über gerechtere Steuern für die Superreichen und erfolgreichen Unternehmen, sondern durch Gebühren erhöhungen und Kürzungen staatlicher Leistungen zu Stande kommen – Massnahmen, die insbesondere Einwohnerinnen und Einwohner mit kleineren und mittleren Einkommen hart treffen. Das ist umso drastischer, wenn man bedenkt, dass die Schere zwischen den höchsten und den niedrigsten Einkommen im Kanton Zug immer mehr aufgeht. Die Budgets der Normalverdienenden sind im Kanton Zug durch ständig steigende Mietpreise und hohe Lebenshaltungskosten schon jetzt stark belastet. Einer Studie der Credit Suisse zufolge belegt Zug unter allen Schweizer Kantonen beim frei verfügbaren Einkommen – also was nach Abzug der Ausgaben für das tägliche Leben noch im Portemonnaie übrig bleibt – heute gerade mal noch den 19. Rang.
In der Gemeinde Walchwil ist die Situation der Ungleichheit aber besonders
krass, wie die Zahlen des Bundesamts für Statistik anhand des Gini-Koeffizienten zeigen. Dieser misst die Einkommensungleichheit und liegt immer zwischen null und eins: Null bedeutet, dass alle über das exakt gleiche Einkommen verfügen; eins hiesse, dass eine einzelne Person sämtliche Einkommen besitzt. Im Jahr 2003 lag der Gini-Koeffizient für Walchwil noch auf dem bereits sehr hohen Wert von 0,57, stieg bis 2010 aber sogar auf 0,69 an! Im Vergleich dazu liegt Steinhausen 2010 auf dem vergleichsweise niedrigen Wert von 0,45. Damit ist Walchwils Ungleichheit nochmals einiges über dem kantonalen Schnitt von 0,54 für das Jahr 2010, der schweizweit ohnehin nur vom Kanton Schwyz übertroffen wird. Im internationalen Vergleich liegt
die Zuger Gemeinde Walchwil damit notabene beinahe gleichauf mit Namibia – dem Land im Süden Afrikas mit der weltweit allergrössten Ungleichheit bezüglich Einkommen!
Das Beispiel der Gemeinde Walchwil zeigt deutlich die Gefahr auf, dass vor lauter Wirtschaftsfreundlichkeit die soziale Gerechtigkeit abhandenkommt. Diese Besorgnis erregende Tendenz der steigenden Ungleichheit darf sich nicht fortsetzen. Alle Walchwilerinnen und Walchwiler können diese Botschaft am nächsten Sonntag an der Urne bei der Gemeinderatswahl berücksichtigen.
Barbara Gysel, Präsidentin der SP Kanton Zug, Oberwil