Rede zum 1. Mai – Tag der Arbeit

6. Mai 2013

Liebe Freunde,

Heuer feiern wir bei der Sozialdemokratische Partei des Kantons Zug ein Jubiläum. Es gibt uns seit 100 Jahren. Wir sind dankbar und stolz, dass wir in dieser Zeit mithelfen durften, soziale und politische Errungenschaften in der Schweiz und im Kanton Zug zu verwirklichen. Arbeitszeitbeschränkungen, Verhältniswahlrecht, AHV/IV/EO, eine Krankenversicherung für alle – um nur einige zu nennen.

Dies hat dazu beigetragen, dass die meisten Werktätigen ein besseres Leben haben als vor 100 Jahren.

Leider sind die Ausbeuter, Abzocker und Profiteure nicht ausgestorben. Sie kommen zurück und sind auf dem Vormarsch.

Neoliberale und ihre Steigbügelhalter aus dem bürgerlichen Lager versuchen seit 20 Jahren, die soziale Errungenschaften in der Schweiz und anderswo zu zerschlagen, den Schutz der Arbeitnehmenden zu zerstören, die Infrastruktur unserer Gesellschaft, mit Sozialversicherungen und Service publique, zusammenzustreichen, und zu verscherbeln, was geht, nach dem Motto: Gewinne werden privatisiert und
Verluste sozialisiert.

Es passt dazu, dass das frei verfügbare Einkommen für die Mehrheit der Arbeitnehmenden seit Jahren abnimmt, während die Boni und Gehälter der Manager und Bosse explodieren und sich teilweise im Bereich des Perversen bewegen.

Hier müssen wir unbedingt Gegensteuer geben. Arbeit muss existenzsichernd bleiben und Lohnunterschiede dürfen nicht so gross werden, dass sie unsere Gesellschaft entzwei reissen. Ich bitte Sie deshalb die Volksinitative für einen Mindestlohn, für bessere Renten und die 1:12-Initiative zu unterstützen.

Unsere Gesellschaft hat das Gut der Arbeit bisher in Ehren gehalten – mal abgesehen von Eigentums- und Verteilungsfragen. Das ersieht man auch daran, dass sie Steuern, mit denen unsere Gemeinwesen funktionieren, vor allem auf Arbeit erhoben werden. Allerdings gilt das nur für die, in diesem Land arbeiten. Wer sein Geld anderswo verdient, zahlt Pauschalsteuern. Er versteuert das Geld, das er zum Leben braucht, was im Verhältnis zu dem, was er zur gemeinsamen Sache beitragen müsste, wenn er
gleich eingeschätzt würde, wie alle andern, ein Butterbrot ist, ein Witz.

Die Pauschalbesteuerung ist eine Einrichtung aus der Vergangenheit, als der Arbeitsmarkt der Schweiz abgeschottet war. Sie war gedacht für Prominente aus Sport und Unterhaltung, die in der Schweiz ihren Lebensabend geniessen wollten. Leute wie Tina Turner oder hier in Zug der Schriftsteller Johannes Mario Simmel. Das waren verhältnismässig wenige. Mit der Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt ist die
Pauschalbesteuerung ein Modell zur Steuerflucht geworden, das immer mehr von Leuten im erwerbsfähigen Alter anlockt. Stichworte sind der Fiat-Boss Marchionne, der Oligarch Vekselberg und verschiedene aktive Formel-1-Fahrer. Im Kanton Zug haben die Zahlen der Pauschalbesteuerten um das Mehrfache zugenommen, in unsern 11 Gemeinden sind es mittlerweile weit über 100 Leute, die pauschal eingeschätzt werden.

Eigentlich verstehe ich nicht, warum dieses ungerechte System bei uns noch nicht abgeschafft wurde. Es entzieht andern Ländern Steuersubstrat, wird dauerhaft für internationale Probleme sorgen und ist eine Art von Selbstverarschung der Zugerinnen und Zuger, die sich so selber benachteiligen. Die einzige Erklärung, die ich dafür finden kann, ist, dass unser Kanton von Wirtschaftsanwälten dominiert wird.
Die einseitig nehmen die Interessen ihrer vermögenden Klientel wahr. Ihre Mitbürger sind ihnen egal.

Es ist an der Zeit, dass Gerechtigkeit hergestellt wird und die Pauschalsteuern abgeschafft werden. Ich bitte Sie deshalb, die kantonale Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung zu unterstützen und für Steuergerechtigkeit zu sorgen.

Steuergerechtigkeit heisst, dass jeder nach seinen Möglichkeiten zum Gemeinwesen beiträgt. Ein Gemeinwesen, dass – im Fall von Zug – nicht nur aus Controllern, Commodity-Tradern, Finanzern, Treuhändern und reichen Erben besteht, sondern auch aus Kellnerinnen und Kellnern, Putzleuten, Gärtnern, aus Handwerkern, Intellektuellen und Fabrikarbeitern. Wir alle verdienen aber die gleiche Anerkennung, die gleiche Behandlung, die gleichen Bedingungen bei der Entlöhnung und die gleichen Chancen für die Zukunft.

Venceremos!