Pauschalbesteuerung: Steuerflucht und Steuerfluch

von Barbara Gysel, 26. Februar 2012

Wer argumentiert, bei der Abschaffung der Pauschalbesteuerung würden wir viel an Steuereinnahmen verlieren, irrt. Der Kanton Zürich zeigt das auf: Wie im «Tages-Anzeiger» vom 2. Januar 2011 zu lesen war, verliess nicht mal die Hälfte der Pauschalbesteuerten die Goldküstengemeinde Herrliberg. Aber der Wegzug wird offenbar nicht wirklich bedauert: «In Bezug auf die Steuereinnahmen ist es in der Regel für jede Gemeinde ein Gewinn, wenn sie wegziehen», sagt Pius Rüdisüli, Gemeindeschreiber von Herrliberg, den Medien gegenüber. Die Pauschalbesteuerung also sogar als Fluch für die Gemeinden – wie kommt das? Die teuren Villen, die die Pauschalbesteuerten nach dem Wegzug hinterlassen, bleiben kaum leer stehen. Vielmehr werden sie auf dem begehrten Wohnungsmarkt von Gutbetuchten wieder besetzt – und diese zahlen dann regulär Steuern. Aus diesem Grund können also sogar Wirtschaftsliberale der Abschaffung der Pauschalbesteuerung zustimmen. Natürlich könnten die Villen aber auch gemeinnützig – etwa für Alterswohnungen – umgenutzt werden. So müssen wir nicht mehr, wie in der Stadt Zug, ältere Menschen verdrängen. Daher meine ich: Sogar wenn superreiche Pauschalbesteuerte wegziehen, profitieren wir nur davon! Zusätzlich leisten wir einen Beitrag gegen die Steuerflucht aus anderen Staaten.

Nicht nur das: Sogar die OECD empfiehlt in ihrem brandneuen Bericht («OECD Economic Surveys, Switzerland 2011»), erschienen am 24. Januar 2012, dass in der Schweiz die Pauschalbesteuerung abgeschafft werden sollte. Das mag die einen vielleicht überraschen. Aber unlogisch ist es nicht. Die Abschaffung kann einige der durch Steuer-Dezentralisierung und Steuerwettbewerb verursachten Probleme entschärfen. Und schliesslich verstösst die Pauschalbesteuerung von ausländischen Superreichen gegen wesentliche Prinzipien: Ausländer und Schweizer sollen überall gleich behandelt werden. Im Asyl- und Ausländerbereich etwa gibts Diskriminierung bei Zugewanderten. Wenn es hingegen um Superreiche geht, werden ordentlich steuerzahlende Ansässige diskriminiert. Beides ist falsch und muss bekämpft werden. Daher: Pauschalbesteuerung ade!

Leserbrief von Barbara Gysel
Kantonsrätin und SP-Präsidentin Kanton Zug
Oberwil, 26. 2. 2012

Barbara Gysel

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