Die Tragweite des verschärften „Hooligan‐Konkordats“ wird unterschätzt

von Barbara Gysel, 23. Februar 2013

Leserbrief von Barbara Gysel, Kantonsrätin, und Thomas Gander, Geschäftsführer Fanarbeit Schweiz (zur Kantonsratssitzung vom 28. Februar 2013

Zurzeit liegt das verschärfte „Hooligan-Konkordat“ bei den Kantonsparlamenten. Erstaunlicherweise hielt sich die politische Debatte dazu in Grenzen. Ohne kritisches Nachfragen wurde das Konkordat bereits in vier Kantonen „durchgewinkt“. Als nächster Kanton sind wir in Zug an der Reihe. Dabei wäre es ganz einfach, ein paar Fragen zu stellen: „Sind lückenlose ID-Kontrollen an den Stadioneingängen, ein Alkoholverbot ausser im VIP-Sektor, verdachtsunabhängiges (!) Abtasten am ganzen Körper durch  private Sicherheitskräfte, ein festgeschriebenes Transportmittel für (alle) Gästefans bei Auswärtsspielen wirklich zielführend,  um Gewalttätigkeiten effektiv einzudämmen?“

Zurzeit sind in der Hooligandatenbank (Hoogan) 519 Personen registriert, die mit Massnahmen wie Stadionverbot oder Rayonverbot belegt sind. Tatbestände mit physischer Gewaltanwendung sind in der Minderheit. Zum Vergleich: Pro Saison besuchen über 4,5 Millionen ZuschauerInnen Spiele der höchsten Spielklasse im Eishockey und Fussball. Braucht also ein eigentlich klar eingrenzbares Problem ein Gesetz, das in Form einer Kollektivbestrafung Tausende von Eishockey- und Fussballfans mit Massnahmen belegen möchte und diese so unter Generalverdacht stellt? Das oft verwendete Argument, es handle sich hierbei nur um „Kann-Formulierungen“, ist trügerisch. Ein neues Gesetz muss immer in seiner gesamten Tragweite und Handlungsmöglichkeiten gemessen werden. Das verschärfte Hooligankonkordat ist das Ergebnis eines polemischen „Wettrüstens“ am runden Tisch. In der Praxis sind die geplanten Massnahmen kaum mit rechtsstaatlichen Prinzipien der Rechtsgleichheit, Verhältnismässigkeit und Willkürfreiheit vereinbar und  beeinträchtigen unsere Grundrechte stark. Ein solches Gesetz lehnen wir ab – und den Medien zufolge offenbar auch zahlreiche weitere Zuger KantonsrätInnen. Es ist nicht zuletzt auch als Signal an weitere Gesetzesänderungsvorhaben zu sehen, die unsere persönlichen Freiheitsrechte derart massiv einschränken möchten.

Barbara Gysel, Kantonsrätin, Zug, und Thomas Gander, Geschäftsführer Fanarbeit Schweiz

Die Tragweite des verschärften „Hooligan‐Konkordats“ wird unterschätzt. Leserbrief Gysel und Gander vom 23. Februar 2013

Barbara Gysel

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